Privates Veräußerungsgeschäft: Erwerb eines Erbanteils

Das FG München entschied, dass ein Miterbe einen privaten Veräußerungsgewinn versteuern muss, wenn er einen Erbteil (und damit ein Grundstück) entgeltlich erwirbt und es innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist als Alleineigentümer wieder veräußert.

Zugrunde lag der Fall einer Erbengemeinschaft bestehend aus dem Kläger (Erbanteil von 52 % als Vorerbe) und zweier Kinder der im Jahr 2015 verstorbenen Erblasserin (Erbanteil von jeweils 24 % als Nacherben). Zum Nachlass gehörten Grundstücke und ein wertloser GmbH-Geschäftsanteil. 2017 übertrugen die beiden Kinder als Nacherben das Nacherbenanwartschaftsrecht an dem Erbteil des Klägers mit allen Rechten und Pflichten an diesen zur Alleinberechtigung und traten dieses Recht mit sofortiger dinglicher Wirkung ab.

Erwerb von Erbanteilen und Veräußerung des Grundbesitzes

Ihre Erbanteile übertrugen die Kinder für einen Betrag "X" an einen Dritten. Letzterer übertrug die erworbenen Erbanteile einige Monate später an den Kläger. 2018 veräußerte der Kläger den Grundbesitz schließlich, woraufhin das Finanzamt zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger den Grundbesitz ­– hinsichtlich des Erwerbs der Erbanteile von einem Dritten – zu 48 % entgeltlich angeschafft habe. Da der Erwerb der Erbanteile und der anschließende Grundstücksverkauf innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist erfolgte, läge somit ein privates Veräußerungsgeschäft vor, sodass ein entsprechender Veräußerungsgewinn zu versteuern sei (für einen Anteil am Veräußerungsgewinn von 48 %).

Der Kläger machte dagegen geltend, dass er alle Erbanteile ohne Erbauseinandersetzung erhalten habe, sodass der Grundbesitz auf ihn als alleinigen Gesamtrechtsnachfolger unmittelbar von der Erblasserin übergegangen sei. Dieser Vorgang stelle keine Anschaffung dar, sodass die Vorbesitzzeiten der Erblasserin (> 10 Jahre) maßgeblich seien und ein privates Veräußerungsgeschäft somit ausscheide.

Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn

Das FG entschied, dass das Finanzamt zu Recht einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn angenommen hatte. Eine für private Veräußerungsgeschäfte erforderliche Anschaffung liegt vor, wenn ein Grundstück entgeltlich erworben wird. Auch im Rahmen einer Erbauseinandersetzung wird ein Wirtschaftsgut entgeltlich erworben, soweit ein Miterbe dem anderen für die Zuteilung eines Wirtschaftsguts einen Ausgleich zahlt. Denn damit erlangt er mehr als seinem eigenen Erbteil entspricht, sodass in diesem Fall eine vom Erblasser losgelöste Anschaffung vorliegt.

Keine Anschaffung liegt hingegen vor, wenn der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut unentgeltlich erwirbt oder wenn ein Gemeinschaftsvermögen im Wege einer Auseinandersetzung unter den Miterben entsprechend den Erbanteilen real geteilt wird und damit lediglich der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt wird. In diesem Fall erwirbt der einzelne Miterbe insoweit unentgeltlich etwas, was ihm schon vor der Auseinandersetzung gehört hat (wenn auch in gesamthänderischer Bindung durch die Erbengemeinschaft). Mangels eigener Anschaffungskosten tritt der Miterbe hier auch in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers (des Erblassers) ein.

Entgeltlicher Erwerb führt zu Anschaffungskosten

Erwirbt aber ein Miterbe entgeltlich einen Erbanteil eines anderen Miterben und erlangt damit mehr als der Wert seines Erbanteils ausmacht, so entstehen ihm insoweit Anschaffungskosten für den hinzuerworbenen Anteil am Gemeinschaftsvermögen und damit auch an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück. In diesem Fall erhält der Miterbe den Anteil nämlich nicht vom Erblasser, sondern entgeltlich aus dem Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Soweit einem Wirtschaftsgut daher Anschaffungskosten zugeordnet werden können, ist es angeschafft.

Nach diesen Maßstäben war das Finanzamt zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger durch den entgeltlichen Erwerb der Miterbenanteile der Kinder (und somit derer Anteile am Grundbesitz) ein Anschaffungsgeschäft getätigt hatte. Er hatte hierfür Aufwendungen erbringen müssen und den Anteil ­– entgegen seiner Ansicht – nicht aufgrund einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft unmittelbar von der Erblasserin erworben.

FG München, Urteil v. 21.7.2021, 1 K 2127/20


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