Wurde ein Nießbrauchsvermächtnis angeordnet, hat die bedachte Person den Erwerb mit dem Kapitalwert der Besteuerung zu unterwerfen. Der Kapitalwert ist dabei nach den §§ 13 – 16 BewG zu ermitteln.[1] Hier ist insbesondere die Begrenzung nach § 16 BewG zu beachten. Demnach darf bei der Ermittlung des Kapitalwerts des Jahreswerts der Nutzungen nach § 16 BewG höchstens mit dem Wert angesetzt werden, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird.
Die Vervielfältiger, mit denen der Kapitalwert lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen nach § 14 Abs. 1 BewG für Stichtage ab 1.1.2024 berechnet wird, ergibt sich aus dem BMF, Schreiben vom 1.12.2023.[2]
Nießbrauchsvermächtnis
Erblasser E hat seinen Sohn S zum Alleinerben bestimmt. Des Weiteren hat er angeordnet, dass seine 56-jährige Lebensgefährtin LG ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an einem vermieteten Mehrfamilienhaus erhalten soll. Der Jahreswert für dieses beläuft sich auf 18.000 EUR. Der nach dem Ertragswertverfahren ermittelte Steuerwert des Grundstücks beträgt 300.000 EUR. Der Erbfall tritt am 2.1.2024 ein. Die Lebensgefährtin LG hat das Nießbrauchsrecht (Vermächtnis) nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern. Der Kapitalwert ergibt sich wie folgt:
Jahreswert 18.000 EUR, aber Begrenzung durch § 16 BewG zu beachten
Steuerwert Grundstück 300.000 EUR/18,6 = 16.129 EUR
Dieser Wert ist geringer als der tatsächliche Jahreswert (18.000 EUR) und daher anzusetzen.
Als Vervielfältiger ergibt sich aus dem BMF-Schreiben v. 1.12.2023[3] zu § 14 BewG bei einem Alter von 56 Jahren (für Frauen) = 14,674
Jahreswert 16.129 EUR x Vervielfältiger 14,674 = Kapitalwert i. H. v. 236.676 EUR
Für LG ergibt sich nun die folgende Erbschaftsteuer:
Kapitalwert Nießbrauchsrecht | 236.676 EUR |
abzüglich persönlicher Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG | ./. 20.000 EUR |
steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) | 216.600 EUR |
Erbschaftsteuer (Steuersatz 30 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) | 64.980 EUR |
Kein Verschonungsabschlag nach § 13d ErbStG
Der Erwerb des Nießbrauchsrecht ist aber nicht nach § 13d ErbStG begünstigt (Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke), weil kein begünstigtes Vermögen in seiner Substanz übertragen wird.
Der Vermächtnisnehmer hat aber auch die Möglichkeit, seiner Besteuerung statt dem Kapitalwert den Jahreswert zugrunde zu legen.[4] Dieses Wahlrecht wird er immer dann in Anspruch nehmen, wenn ihm entsprechende liquide Mittel fehlen.
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