2.6.1 Rechtslage bis Inkrafttreten des Jahressteuergesetz 2020
Stehen mit einem steuerbefreiten Familienheim Schulden in wirtschaftlichem Zusammenhang, dann sind diese nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG). Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Schulden (Lasten) mit dem Familienheim setzt voraus, dass die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen und die Schuld den Vermögensgegenstand wirtschaftlich belastet.
Kinder: Schuldenabzug bei Erwerb eines Familienheims mit mehr als 200 qm
Bei Kindern ist die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 qm begrenzt. Erwirbt ein Kind ein Familienheim mit Fläche von mehr als 200 qm, betrifft die Schuldenkürzung nur den Teil der Verbindlichkeiten, der auf den begünstigten Teil des Familienheims entfällt. Die Schulden, soweit sie auf den nicht begünstigten Teil entfallen, können steuermindernd abgezogen werden.
In Zeile 23 sind mit dem Grundstück zusammenhängende Schulden und Lasten aufzuführen und in Zeile 24 ist deren Wert anzugeben. Die entsprechenden Unterlagen sind beizufügen.
2.6.2 Rechtslage ab Inkrafttreten des Jahressteuergesetz 2020
Hinsichtlich des Abzugs von Schulden und Lasten hat das Jahressteuergesetz 2020 Änderungen vorgenommen.
a) Es liegt von den Schulden und Lasten ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einem Familienheim vor
Liegen Schulden und Lasten vor, die mit dem befreiten Familienheim in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, dann sind diese gar nicht bzw. nur anteilig abziehbar. Dies ergibt sich aus dem geänderten § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG.
b) Es liegt von den Schulden und Lasten kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Familienheim vor.
Hierunter fallen z. B. die folgenden Schulden und Lasten: Konsumentendarlehen, Steuerschulden, Erbfallkosten oder die Pflicht des Erben zur Zahlung des Zugewinnausgleichs.
Für diese gilt aufgrund des Jahressteuergesetzes 2020 Folgendes:
Um einen ungerechtfertigten steuerlichen Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten zu vermeiden, werden vorgenannte Schulden und Lasten anteilig gekürzt, obwohl sie in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Familienheim stehen.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können z. B. Pflichtteilsverbindlichkeiten oder Untervermächtnisse in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, selbst wenn zum Nachlass ganz oder teilweise steuerbefreite Vermögensgegenstände gehören.
Trifft dies zu, schreibt das Gesetz nun eine bestimmte Vorgehensweise vor.
Nach § 10 Abs. 5 Satz 5 ErbStG werden die Schulden und Lasten, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zugerechnet.
§ 10 Abs. 6 Satz 7 ErbStG bestimmt den Anteil der jeweiligen Schuld oder Last, der dem einzelnen Vermögensgegenstand zugerechnet wird.
Der Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis des Werts des jeweiligen Vermögensgegenstands nach Abzug der mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten zum Gesamtwert der Vermögensgegenstände nach Abzug aller mit diesen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten.
Nach § 10 Abs. 6 Satz 9 ErbStG ist der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten begrenzt, soweit der Vermögensgegenstand steuerfrei ist.
Zeitliche Anwendung
Die geänderte Rechtslage findet auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes entsteht.
Wird jedoch die Steuerbefreiung für das Familienheim rückwirkend gemindert oder entfällt sie, wird die Steuerfestsetzung geändert und dabei auch der Abzug der Schulden und Lasten neu berechnet.
Dasselbe gilt für den Fall, dass die Steuerbefreiung für ein Familienheim rückwirkend erhöht oder erstmalig gewährt wird.
Hierzu ist auch auf die gleichlautenden Ländererlasse vom 13.9.2021 zu verweisen. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch, dass die Urteile, die in H E 10.10 ErbStH 2019 ("Kürzung des Schuldenabzugs bei steuerbefreitem Vermögen") genannt sind, aufgrund der gesetzlichen Änderung überholt und nicht mehr anzuwenden sind.