a) Es liegt von den Schulden und Lasten ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück vor
Liegen Schulden und Lasten vor, die mit dem zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind diese nur anteilig abziehbar. Dies ergibt sich nun nicht mehr aus dem bisherigen § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG aF sondern aus dem geänderten § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG.
Anteiliger Schuldenabzug
Der Onkel O hat seine Nichte N zur Alleinerbin bestimmt. Im Nachlass befindet sich ein Mietwohngrunstück (Steuerwert 212.000 EUR). Zudem befinden sich im Nachlass auch Schulden i. H. v. 44.000 EUR, die mit dem begünstigten Grundstück in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der Onkel verstirbt am 15.1.2024.
Lösung
Für das zu Wohnzwecken vermietete Grundstück wird ein Verschonungsabschlag i. H. v. 21.200 EUR (10 % von 212.000 EUR) gewährt. Infolgedessen fließt das Grundstück mit einem Wert i. H. v. 190.800 EUR (212.000 EUR ./. 21.200 EUR =) in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein. Die Schulden können gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG nur anteilig abgezogen werden, d. h. i. H. v. 39.600 EUR davon (90 % von 44.000 EUR), d. h. soweit das Grundstück steuerpflichtig ist.
Vermögensanfall/Bereicherung |
212.000 EUR |
(gekürzte) Nachlassverbindlichkeit |
- 39.600 EUR |
Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) |
- 20.000 EUR |
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) |
– 10.300 EUR |
Abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) |
142.100 EUR |
Erbschaftsteuer (Steuersatz 20 %) |
28.420 EUR |
Zur Ermittlung des Kapitalwerts von Lasten sind die gleichlautende Ländererlasse v. 9.9.2022 sowie das BMF, Schreiben vom 14.11.2022 heranzuziehen.
b) Es liegt von den Schulden und Lasten kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück vor
Hierunter fallen z. B. die folgenden Schulden und Lasten: Konsumentendarlehen, Steuerschulden, Erbfallkosten oder die Pflicht des Erben zur Zahlung des Zugewinnausgleichs, ferner auch die Zahlung von Pflichtteilsverbindlichkeiten.
Für diese gilt aufgrund des Jahressteuergesetzes 2020 Folgendes:
Um einen ungerechtfertigten steuerlichen Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten zu vermeiden, werden vorgenannte Schulden und Lasten anteilig gekürzt, obwohl sie in keinem wirtschaftlichenZusammenhang mit dem zu Wohnzwecken vermieteten Grundstück stehen.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof können z. B. Pflichtteilsverbindlichkeiten oder Untervermächtnisse in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, selbst wenn zum Nachlass ganz oder teilweise steuerbefreite Vermögensgegenstände gehören.
Erbfallkosten
Kosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG, z. B. die Kosten der Bestattung des Erblassers, der Abwicklung oder Regelung des Nachlasses, werden hiervon ausgenommen, weil sie regelmäßig erst nach dem Eintritt des Erbfalls durch den Erwerber begründet werden. Das gleiche gilt auch für den Pauschbetrag für Erbfallkosten.
Hierbei schreibt das Gesetz nun eine bstimmte Vorgehensweise vor.
Nach § 10 Abs. 5 Satz 5 ErbStG werden die Schulden und Lasten, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zugerechnet.
§ 10 Abs. 6 Satz 7 ErbStG bestimmt den Anteil der jeweiligen Schuld oder Last, der dem einzelnen Vermögensgegenstand zugerechnet wird.
Der Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis des Werts des jeweiligen Vermögensgegenstands nach Abzug der mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten zum Gesamtwert der Vermögensgegenstände nach Abzug aller mit diesen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten.
Nach § 10 Abs. 6 Satz 9 ErbStG ist der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten begrenzt, soweit der Vermögensgegenstand steuerfrei ist.
Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den Gleichlautenden Ländererlassen v. 13.9.2021.
Zeitliche Anwendung
Die geänderte Rechtslage findet auf Erwerbe Anwendung, für die die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nach dem 28.12.2020 entsteht.
Hinsichtlich eines belastenden Nutzungsrechts gilt wie bei der Rechtslage bis 2020, dass wenn sich ein Nutzungsrecht als Grundstücksbelastung bereits bei der Ermittlung des gemeinen Wertes einer wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes ausgewirkt hat, dessen Abzug bei der Erbschaftsteuer ausgeschlossen ist. Dies ergibt sich nun aus § 10 Abs. 6 Satz 11 ErbStG.