Leitsatz
1. Erteilt eine Kapitalgesellschaft ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kurz vor Vollendung seines 64. Lebensjahres eine Pensionszusage, nach der der Versorgungsfall mit Vollendung des 70. Lebensjahres eintreten soll, so sind die Zuführungen zu einer deshalb gebildeten Pensionsrückstellung regelmäßig verdeckte Gewinnausschüttungen. Das gilt auch dann, wenn die Gesellschaft in den neuen Bundesländern ansässig ist und die Zusage im Jahr 1991 erteilt hat (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 24.4.2002, I R 43/01, BStBl II 2003, 416).
2. Wird der in einer Pensionszusage vorgesehene Eintritt des Versorgungsfalls durch eine spätere Änderung der Zusage hinausgeschoben, so ist für die Zeit bis zum Wirksamwerden der Änderung die Erdienbarkeit des Versorgungsanspruchs nach Maßgabe der ursprünglichen Zusage zu beurteilen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 19.5.1998, I R 36/97, BStBl II 1998, 689).
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin war eine 1991 in den neuen Bundesländern gegründete GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer in den Streitjahren (1991 bis 1993) G war. Sie ist aus dem früheren Einzelunternehmen des G hervorgegangen.
Im Anstellungsvertrag vom 2.1.1991 sagte die Klägerin dem am 30.1.1927 geborenen G eine Altersversorgung ab Vollendung des 70. Lebensjahrs zu. Außerdem sollte die Ehefrau des G, falls sie diesen überlebte, eine Witwenrente erhalten. Am 16.12.1996 wurde durch eine Nachtragsvereinbarung die Altersgrenze für das Ruhegeld des G auf die Vollendung des 75. Lebensjahres heraufgesetzt.
Die Klägerin bildete für die Versorgungsverpflichtung eine Rückstellung. Das FA sah in den Zuführungen zu der Pensionsrückstellung vGA. Es erließ deshalb Steuerbescheide, in denen es die Zuführungsbeträge nicht als gewinnmindernd behandelte.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (EFG 2003, 951).
Entscheidung
Das wurde vom BFH bestätigt: Eine Pensionszusage, welche nach dem 60. Lebensjahr versprochen werde, sei per se vGA-verdächtig. Belaufe sich die aktive Rest-Erdienenszeit auf weniger als 10 und konkret auf rund 6 Jahre, dann würde dieser Verdacht indiziell bestätigt. Dass die aktive Restarbeitszeit und damit auch der Erdienenszeitraum später um weitere 5 Jahre ausgedehnt werde, könne jedenfalls für jene Jahre vor dieser Verlängerung nichts an der gesellschaftlichen Mitveranlassung ändern.
Hinweis
1. Im Urteil bestätigt und erneuert der BFH seine ständige Rechtsprechung zum Erfordernis und zu den Maßstäben der sog. Erdienensdauer bei Erteilung einer Pensionszusage durch eine GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Zwar soll es (auch) hier auf die vom FG "vorrangig" zu beurteilenden "aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls" ankommen. Insofern knüpft der BFH an die "neuen Freiheiten" an, die er den Tatgerichten erst kürzlich für die Geschäftsführervergütung und deren Angemessenheitsprüfung eingeräumt hat (vgl. Urteile vom 27.2.2003, I R 46/01, BFH-PR 2003, 420, vom 4.6.2003, I R 24/02, BFH-PR 2003, 454 und vom 4.6.2003, I R 38/02, BFH-PR 2003, 456).
2. Für die Pensionszusage scheint er diese Beurteilungsfreiräume dann aber doch wieder etwas zurückzunehmen, indem die bisherigen pauschalierenden Maßstäbe bekräftigt werden: Das Alter zumindest des beherrschenden – bei Licht betrachtet aber wohl auch der nicht beherrschenden – Gesellschafter-Geschäftsführers darf im Zusagezeitpunkt regelmäßig nicht jenseits des vollendeten 59. Lebensjahres liegen, außerdem darf dessen verbleibende Dienstzeit nicht diejenigen Fristen unterschreiten, die nach § 1 Abs. 1 BetrAVG a.F. bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit der Versorgungszusage abgewartet werden müssen.
3. In beiden Maßstabsmerkmalen erkennt der BFH ein "starkes Indiz" für das Vorliegen einer gesellschaftlichen Mitveranlassung. Es lässt sich, wie das Urteil vom 24.4.2002, I R 43/01 (BFH-PR 2002, 457, BStBl II 2003, 416) zeigt, nur in krassen Ausnahmefällen überwinden, beispielsweise, wenn der Geschäftsführer aufgrund besonderer Umstände anderweitig keine entsprechende Versorgung erlangen konnte.
Seinerzeit sah der BFH solche Umstände in den Verhältnissen in den neuen Bundesländern kurz nach der Wende. Im Urteilsfall, der ebenfalls in den neuen Bundesländern "spielte", grenzt er hierzu ab: Auch dann dürfen die Versorgungsbedingungen nicht "aus dem Ruder laufen". Was bei der Zusage an einen 56-Jährigen mit mehr als achtjähriger aktiver Restdienstzeit noch akzeptiert werden könne, sei einem 64-Jährigen mit nur noch sechsjähriger Restdienstzeit nicht zuzugestehen. Man erkennt: Die Abgrenzungen sind recht feinsinnig.
4. Neu und (möglicherweise) zugleich "zukunftsträchtig" ist im Referenzurteil die klare Aussage zur Bedeutung des dem Betriebsrentengesetz entlehnten Unverfallbarkeitsmaßstabs: Der BFH stellt klar, dass die Orientierung an den Unverfallbarkeitsfristen als rein arbeitsrechtlicher Bestimmungen nur eine grobe "Leitlinie" zur erleichterten Handhabbarkeit der unbestimmten Größe "Erdienenszeitraum" gibt, jedoch ke...