Leitsatz
1. Ändert sich nach Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die Vermögenslage des Vollstreckungsschuldners oder erkennt dieser die Unrichtigkeit der von ihm gemachten Angaben, ist er vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Ergänzung bzw. Richtigstellung seiner Angaben verpflichtet.
2. Ergänzt oder berichtigt der Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das der Finanzbehörde bereits vorgelegte Vermögensverzeichnis, wird allein dadurch kein neues Verfahren in Gang gesetzt. Die Finanzbehörde hat hinsichtlich der Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eine erneute Ermessensentscheidung nur dann zu treffen, wenn der Vollstreckungsschuldner substanziiert besondere Gründe darlegt, die eine Abstandnahme von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung geboten erscheinen lassen.
Normenkette
§ 284 Abs. 1, § 284 Abs. 3 AO
Sachverhalt
Das FA hatte einen Steuerschuldner zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses aufgefordert. Dieser hatte das Verzeichnis vorgelegt. 14 Monate später legte der Schuldner im Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung aber erneut ein Verzeichnis vor, das gegenüber dem früheren Ergänzungen aufwies. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigerte er. Im darauf folgenden Klageverfahren legte er wiederum ein Verzeichnis vor.
Das FG sah deshalb die angegriffene Entscheidung des FA, von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nicht abzusehen, als erledigt an. Das FA müsse eine erneute Ermessensentscheidung treffen.
Entscheidung
Die Hauptsache ist nicht erledigt; es ist vielmehr über die Rechtmäßigkeit der Aufforderung des FA zu entscheiden. Deshalb ging die Sache zurück an das FG.
Hinweis
1. Unter den Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 AO hat der Vollstreckungsschuldner der Behörde auf Verlangen ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen und für seine Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen; er hat eine Bestätigung der im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorzunehmen, wovon die Vollstreckungsbehörde allerdings absehen kann (Ermessen). Der Schuldner bleibt bei Änderungen seiner Vermögenslage oder bei Erkenntnis unrichtiger Angaben zur Ergänzung oder Berichtigung des Vermögensverzeichnisses verpflichtet.
2. Grundsätzlich sind für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend. Bei veränderter Sachlage muss der Betroffene ggf. ein neues Verwaltungsverfahren in Gang setzen und gem. § 131 Abs. 1 AO die Aufhebung des Verwaltungsakts beantragen.
Eine Ergänzung des Vermögensverzeichnisses setzt jedoch kein neues Vollstreckungsverfahren in Gang, sondern stellt lediglich eine Fortsetzung des bereits eingeleiteten Verfahrens dar. Eine neue Ermessensentscheidung des FA über das Absehen von der eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit des Verzeichnisses ist daher nicht erforderlich. Der Schuldner muss vielmehr ggf. Gründe darlegen, die nunmehr eine Abstandnahme von der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gebieten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.7.2005, VII R 57/04