Umstritten war, ob eine negative Ergänzungsbilanz, die anlässlich des Eintritts eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen gegen Geldeinlage zum Zwecke der Buchwertfortführung für den sein Einzelunternehmen einbringenden Steuerpflichtige unter Anwendung der Nettomethode gebildet worden ist, wieder aufzulösen ist, wenn der neu eingetretene Gesellschafter gegen Abfindung und unter Auflösung der für ihn spiegelbildlich gebildeten positiven Ergänzungsbilanz wieder aus der Gesellschaft ausscheidet.
Negative Ergänzungsbilanz eines Altgesellschafters
Anfang 2024 hat Steuerberater A seine Einzelpraxis (Inventar und originärer Praxiswert) in eine mit dem Steuerberater B gegründete GbR eingebracht, an der jeder zu 50 % beteiligt sind. Das eingebrachte Praxisinventar hat einen Buchwert (= gemeiner Wert) von 100.000 EUR, der originäre Praxiswert beträgt 400.000 EUR. B leistete eine Bareinlage in das Gesellschaftsvermögen von 500.000 EUR.
A will anlässlich der Einbringung seiner Praxis keinen Gewinn versteuern, sondern die Buchwerte fortführen. Die GbR hat unter Anwendung der Nettomethode die Buchwertfortführung in ihrer Eröffnungsbilanz und den Ergänzungsbilanzen ihrer Gesellschafter wie folgt dargestellt:
Eröffnungsbilanz AB-GbR
Aktiva |
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Passiva |
Praxisinventar |
100.000 EUR |
Kapital A |
300.000 EUR |
Bareinlage B |
500.000 EUR |
Kapital B |
300.000 EUR |
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600.000 EUR |
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600.000 EUR |
A hat den ihm entstandenen Veräußerungsgewinn von 200.000 EUR (300.000 UR Kapitalkonto laut Gesamthandsbilanz der GbR ./. 100.000 Euro Kapitalkonto laut Einzelunternehmen A) nach § 24 Abs. 3 UmwStG durch Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz neutralisiert:
Negative Ergänzungsbilanz A
Aktiva |
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Passiva |
Minderkapital |
200.000 EUR |
Praxiswert |
200.000 EUR |
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200.000 EUR |
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200.000 EUR |
Die Gesamthandsbilanz der GbR weist keinen Praxiswert auf. Da B jedoch – wirtschaftlich betrachtet – 50 % des Praxiswerts von 400.000 EUR – erworben hat, wurden seine Anschaffungskosten für den Praxiswert von 200.000 EUR in einer positiven Ergänzungsbilanz ausgewiesen:
Positive Ergänzungsbilanz B
Aktiva |
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Passiva |
Praxiswert |
200.000 EUR |
Mehrkapital |
200.000 EUR |
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200.000 EUR |
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200.000 EUR |
B hat nach einem Zerwürfnis mit A kurz nach der Gründung der GbR seinen Mitunternehmeranteil für 520.000 EUR an C verkauft.
Gewinnmindernde Auflösung der positiven Ergänzungsbilanz des B: Aus dem Verkauf seines Mitunternehmeranteils hat B einen Veräußerungsgewinn i. S. d. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Der Veräußerungsgewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen der Abfindung von 520.000 EUR einerseits und dem Buchkapital des B in der Gesamthandsbilanz sowie dem noch nicht abgeschriebenen Teil der Mehraufwendungen aus der positiven steuerlichen Ergänzungsbilanz. Das noch in der positiven Ergänzungsbilanz vorhandene Mehrkapital des B ist also unter Auflösung dieser Bilanz vom Veräußerungspreis abzuziehen.
Keine gewinnerhöhende Auflösung der negativen Ergänzungsbilanz des A: Nach Ansicht des Niedersächsischen FG sind negative Ergänzungsbilanzen, die anlässlich des Eintritts eines neuen Gesellschafters in eine bestehende Personengesellschaft zur Vermeidung des Überspringens stiller Reserven und zum Zwecke der Buchwertfortführung für die Altgesellschafter nach der Nettomethode gebildet worden sind, bei den Altgesellschaftern wieder (gewinnerhöhend) aufzulösen, wenn der neu eingetretene Gesellschafter gegen Abfindung und unter Auflösung der für ihn spiegelbildlich gebildeten positiven Ergänzungsbilanz wieder aus der Gesellschaft ausscheidet. Die herrschende Literaturmeinung sieht das anders. Danach ist zwar die positive Ergänzungsbilanz des Ausscheidenden aufzulösen, die negativen Ergänzungsbilanzen der verbleibenden Gesellschafter bleiben jedoch bestehen.
Der BFH hat sich im Revisionsverfahren gegen das Urteil des Niedersächsischen FG der Literaturmeinung angeschlossen und entschieden, die negative Ergänzungsbilanz (hier: des A) sei nach Wiederausscheiden des eingetretenen Mitunternehmers (hier: des B) fortzuführen, weil der Ausweis der Anschaffungskosten in der positiven Ergänzungsbilanz und die die wahlweise Buchwertfortführung nach § 24 UmwStG bewirkende Bildung einer negativen Ergänzungsbilanz 2 völlig unterschiedliche Vorgänge sind. Nicht gewinnerhöhend aufzulösen ist also die negative Ergänzungsbilanz, die anlässlich des Eintritts des B in die Personengesellschaft für den Altgesellschafter A nach § 24 UmwStG zum Zweck der Buchwertfortführung gebildet wurde.