A. Einführung

Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 15. November 2019 (BGBI. I S. 1546) wird es den Ländern in Artikel 72 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes ermöglicht, ganz oder zum Teil von einem Bundesgesetz zur Grundsteuer abzuweichen. Mit dem Gesetz zur Regelung einer Landesgrundsteuer (Landesgrundsteuergesetz – LGrStG) vom 4. November 2020 (GBl. S. 974), in der jeweils geltenden Fassung, nimmt der baden-württembergische Landesgesetzgeber diese neu geschaffene Möglichkeit wahr.

Für die Anwendung des Landesgrundsteuergesetzes und insbesondere die Feststellung der Grundsteuerwerte ab dem 1. Januar 2022 für die ab dem 1. Januar 2025 zu erhebende Grundsteuer sind durch die Finanzämter die Hinweise aus diesem Erlass zu beachten. Den Kommunen wird die Beachtung im Sinne einer rechtssicheren Anwendung empfohlen.

Zur besseren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Formulierung (z. B. "Steuerpflichtige*r") verzichtet. Bei Verwendung z. B. des Wortes "Steuerpflichtiger" im Text sind alle Geschlechter gemeint.

B. Allgemeine Vorschriften

Zu § 1 LGrStG

Entstehung der Grundsteuer

 

(1) 1Die Grundsteuer entsteht nach § 1 Absatz 1 Satz 3 LGrStG mit dem Beginn des Kalenderjahres (1. Januar, 0:00 Uhr) und ist nach § 1 Absatz 1 Satz 2 LGrStG nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres festzusetzen. 2Auch für die Anwendung der Befreiungsvorschriften sind die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres maßgeblich (siehe AE zu § 9 LGrStG Absatz 1 Sätze 4 bis 6).

Heberecht; Steuerberechtigung

 

(2) 1Die Gemeinden haben das Recht, die Grundsteuer zu erheben (§ 1 Absatz 2 LGrStG). 2Der Wille der Gemeinde, eine Grundsteuer zu erheben, kommt durch die Festsetzung des Hebesatzes bzw. der Hebesätze nach §§ 50, 50a LGrStG zum Ausdruck, ob und in welcher Höhe von dem in ihrem Gebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer zu erheben ist. 3Die Hebesätze sind in der Haushaltssatzung festzusetzen, soweit sie nicht in einer gesonderten Satzung festgesetzt werden (§ 79 Absatz 2 Nummer 5 GemO).

 

(3) 1Die Gemeinde erhebt die Grundsteuer auf den Grundbesitz, der in ihrem Hoheitsgebiet liegt. 2Zum Hoheitsgebiet gehört auch eine Exklave, d. h. ein Gebietsteil einer Gemeinde, der sich innerhalb eines anderen Gemeindegebiets befindet (BFH-Urteil vom 28. März 1958 III 43/55 U, BStBl. III S. 243).

 

(4) Liegt Grundbesitz in dem gemeindefreien Gebiet "Gutsbezirk Münsingen", d. h. dem dort abgegrenzten Gebiet, welches zu keiner Gemeinde gehört, bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, wer die nach dem Landesgrundsteuergesetz den Gemeinden zustehenden Befugnisse ausübt.

Verwaltung der Grundsteuer

 

(5) 1Die Verwaltung der Grundsteuer obliegt zum Teil dem Land, zum Teil den Gemeinden. 2Für die Feststellung der Grundsteuerwerte sowie für die Festsetzung und Zerlegung der Grundsteuermessbeträge sind die Finanzämter zuständig (§ 13 LGrStG, §§ 184, 185 ff. AO). 3Die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer einschließlich der Stundung, der Niederschlagung und des Erlasses obliegt dagegen den zuständigen Behörden der hebeberechtigten Gemeinde. 4Für die Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerbescheide sind die Gemeinden zuständig. 5Wird die Vollziehung eines Grundsteuermessbescheids durch das Finanzamt ausgesetzt, so ist die Gemeinde verpflichtet, von Amts wegen auch die Vollziehung des hierauf beruhenden Grundsteuerbescheids auszusetzen, selbst wenn dieser unanfechtbar geworden ist (§ 361 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 i. V. m. § 1 Absatz 2 Nummer 6 AO).

Örtliche Zuständigkeit für die Festsetzung und Zerlegung des Grundsteuermessbetrags

 

(6) 1Für die Festsetzung und die Zerlegung des Grundsteuermessbetrags ist das Lagefinanzamt zuständig (§ 22 Absatz 1 AO i. V. m. § 18 Absatz 1 Nummer 1 AO). 2Das Lagefinanzamt ist das Finanzamt, in dessen Bezirk der betreffende Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder das betreffende Grundstück liegt. 3Erstreckt sich der Betrieb oder das Grundstück auf die Bezirke mehrerer Finanzämter, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk der wertvollste Teil liegt. 4Beim Grundvermögen ist dies regelmäßig der größere Anteil am Grund und Boden der wirtschaftlichen Einheit.

Bekanntgabe des Grundsteuermessbescheids an den Steuerpflichtigen und Mitteilung des Grundsteuermessbetrags an die hebeberechtigte Gemeinde

 

(7) Der Grundsteuerwert und der Grundsteuermessbetrag können in getrennten Bescheiden oder einem zusammengefassten Bescheid dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben werden.

 

(8) 1Der Grundsteuerwert eines Grundstücks im Gesamthandseigentum ist mangels Erforderlichkeit für die Besteuerung nicht nach § 39 Absatz 2 Nummer 2 AO auf die Gesamthänder aufzuteilen, da die Gesamthandsgemeinschaft selbst Grundsteuerschuldner (§ 10 Absatz 1 LGrStG) und beim Grundsteuerwert Zurechnungssubjekt ist. 2Dies gilt auch für die Erbengemeinschaft (vgl. auch BFH-Beschluss vom 22. Februar 2001 II B 39/00, BStBl. II S. 476). 3Der Grundsteuerwert eines Grundstücks im Bruchteilseigentum ist nicht der Gemeinschaft, sondern unmittelbar den Miteigentümern zuzurechnen (§ ...

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