Leitsatz
Haben ausländische Künstler Einkünfte aus Auftritten im Inland erzielt, so ist die hierdurch ausgelöste ESt nicht gem. § 50 Abs. 7 EStG zu erlassen, wenn die Auftritte im Rahmen eines solistisch besetzten Ensembles erzielt worden sind. Als "solistisch besetztes Ensemble" in diesem Sinn ist eine Formation jedenfalls dann anzusehen, wenn bei den einzelnen Veranstaltungen nicht mehr als fünf Mitglieder auftreten und die ihnen abverlangte künstlerische Gestaltungshöhe mit derjenigen eines Solisten vergleichbar ist.
Normenkette
§ 50 Abs. 7 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war in der Schweiz ansässig und von Beruf Tänzer. Er war Mitglied einer Tanzgruppe, die in Deutschland mehrere Vorstellungen gab. Dabei traten jeweils 5 Tänzer auf, die von einem zur Gruppe gehörenden Techniker unterstützt wurden. Als Entgelt für die Aufführungen wurden insgesamt 49.000 DM zuzüglich Übernachtungs-, Verpflegungs- und Reisekosten gezahlt. Die Vorstellungen waren Bestandteil einer Veranstaltungsreihe, an der mehrere ausländische Tanzgruppen teilnahmen.
Die Kosten für die Veranstaltungen wurden aus öffentlichen Mitteln getragen.
Es wurde beantragt, die auf die Schweizer Tanzensembles entfallenden ESt gem. § 50 Abs. 7 EStG zu erlassen. Das lehnte das FA ab, was vom FG (EFG 2006, 353) ...
Entscheidung
... und sodann vom BFH bestätigt wurde. Es fehle an den Voraussetzungen des § 50 Abs. 7 EStG.
Es müsse gesichert sein, dass die Tätigkeit des beschränkt Steuerpflichtigen im Inland gesamtwirtschaftliche Zwecke nachhaltig fördere. Kulturpolitische Gründe rechtfertigten deshalb einen Steuererlass nach § 50 Abs. 7 EStG für sich genommen ebenso wenig wie auf den einzelnen Betrieb bezogene wirtschaftliche Erwägungen. Der Hinweis des Klägers auf den "gesamtvolkswirtschaftlichen" Nutzen eines Kulturaustauschs gehe schon deshalb fehl, weil bei einer solchen Auslegung des Begriffs "volkswirtschaftlich" dieser ins Uferlose ausgedehnt würde, was im Hinblick auf das Gebot der Bestimmtheit des Gesetzes nicht hingenommen werden könnte.
Hinweis
1. § 50 Abs. 7 EStG ermöglicht es (als verfassungsrechtlich trotz ihrer tatbestandlichen Weite und Unbestimmtheit nach allgemeiner Ansicht unbedenkliche Generalklausel), die ESt ganz oder teilweise zu erlassen oder in einem Pauschbetrag festzusetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen (= besondere außenwirtschaftliche Gründe) zweckmäßig oder wenn eine gesonderte Berechnung der Einkünfte besonders schwierig ist.
Beispiele dafür sind: die Steuerfreiheit von Einkünften aus der Verwertung einer im Ausland ausgeübten nichtselbstständigen Tätigkeit, die von Einkünften der FIFA im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2006 (!), die Besteuerung von Artisten mit einem Pauschsteuersatz von 25 % bzw. 33,33 % des Brutto- bzw. des Netto-Arbeitslohns (R 125 Abs. 4 LStR) die Besteuerung von gastspielverpflichteten Künstlern bei Theater, Funk, Fernsehen mit einem Pauschsteuersatz von 20 % bzw. 25 % (zuzüglich SolZ) des Brutto- bzw. Netto-Arbeitslohns (BMF-Schreiben, BStBl I 1996, 55), Regelungen des Auslandstätigkeitserlasses (BMF-Schreiben, BStBl I 1983, 470) und auch von öffentlich geförderten ausländischen Kulturvereinigungen (OFD Münster, DB 2006, 420; BMF-Schreiben, BStBl I 1983, 382, BStBl I 95, 336).
2. Über letzteres, über ausländische Kulturvereinigungen, hatte der BFH im Urteilsfall zu entscheiden. Er hat dazu die einschlägigen Verwaltungserlasse bestätigt, wonach die Erlassmöglichkeit nicht von Solisten oder solistisch besetzten Ensembles (= jedenfalls nicht mehr als 5 Mitglieder) beansprucht werden kann. Das mutet als vergleichsweise nur schwer nachvollziehbar an, rechtfertigt sich aber daraus, dass ein besonderer volkswirtschaftlicher Nutzen aus dem Solistenauftritt nicht abgeleitet werden kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 7.3.2007, I R 98/05