Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Zu den inländischen Einkünften eines beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers gehören auch steuerpflichtige Abfindungen für die Auflösung des Dienstverhältnisses, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Damit ist jedoch noch nicht entschieden, dass auf die Abfindung in Deutschland tatsächlich Steuern entrichtet werden müssen, da nach der Mehrzahl der geltenden DBA das Besteuerungsrecht für Abfindungen dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen wird. Durch die einvernehmliche Hinausschiebung der Fälligkeit der Abfindungszahlung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht kann ggf. eine Besteuerung im Inland vermieden werden. Etwas anderes gilt bei Anwendung des zwischen Deutschland und Frankreich abgeschlossenen DBA. Das DBA-Frankreich bildet laut BFH eine ausreichende Grundlage, das Besteuerungsrecht ausschließlich dem Ort der früheren Tätigkeit zuzuweisen. Indem das DBA-Frankreich ausdrücklich auf die zahlende Person abstellt und für die Zuordnung auf den Ort der persönlichen Tätigkeit verweist, lässt es einen lediglich kausalen Zusammenhang zwischen einem Arbeitsverhältnis und der Zahlung durch einen Arbeitgeber ausreichen.
Bezüglich von im Rahmen eines Aufhebungsvertrags vereinbarten Lohnfortzahlungen ist nach dem DBA-Frankreich zur Bestimmung des Tätigkeitsortes nicht auf die frühere Tätigkeit abzustellen. Vielmehr wird die Arbeitsleistung, die Verpflichtung zur Passivität, dort erbracht, wo sich der Arbeitnehmer für die Dauer seiner vertraglichen Verpflichtung tatsächlich aufhält. Die Grenzgängerregelung im DBA-Frankreich ist auf Abfindungszahlungen nicht anwendbar.
Besondere Vereinbarungen bestehen z. B. mit der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Luxemburg und Österreich, sodass sich die Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 4d EStG hier auswirken dürfte. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses in einen Staat umzieht, mit dem kein DBA besteht. Das DBA-Polen weist Deutschland das Besteuerungsrecht für eine Abfindung zu, die an einen in Polen ansässigen Geschäftsführer einer deutschen GmbH gezahlt wird.
Seit 2017 wird durch § 50d Abs. 12 EStG für Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, eine generelle Besteuerung des früheren Tätigkeitsstaats gewährleistet, wobei die Vorschrift keinen eigenständigen Aufteilungsmaßstab enthält, sodass grundsätzlich nach Einkünften oder Zeiträumen aufgeteilt werden kann. Trifft das DBA für Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses in einer gesonderten Vorschrift ausdrücklich eine abweichende Regelung, ist die DBA-Regelung anzuwenden. In entsprechender Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG entfällt die Freistellung im Ansässigkeitsstaat Deutschland zudem dann, wenn die Abfindungen im vormaligen Tätigkeitsstaat aufgrund eines abweichenden DBA nicht besteuert werden.
Beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn wird ab 2025 eine Antragsveranlagung ermöglicht.