LfSt Bayern v. 6.2.2017, S 2149.1.1-1/1 St 32
Behandlung von Abfindungsbrennereien
1. Adressaten
Diese Verfügung richtet sich an die Kolleginnen und Kollegen, die mit der Besteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben befasst sind.
2. Abfindungsbrennerei als Nebenbetrieb
Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch die Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Ein Nebenbetrieb ist anzunehmen, wenn der Landwirt Rohstoffe, die er überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzeugt hat, zu Produkten anderer Marktgängigkeit be- oder verarbeitet, um sie anschließend zu veräußern und zwar grundsätzlich unter der weiteren Voraussetzung, dass die Be- und Verarbeitung der Rohstoffe in einer ersten Verarbeitungsstufe erfolgt.
Trinkbranntwein (z.B. Obstbrände) ist zwar ein Produkt der zweiten Bearbeitungsstufe, dessen Herstellung nicht mehr einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb zugeordnet werden könnte, sondern an sich als gewerbliche Tätigkeit eingestuft werden müsste. Allerdings bestehen für Abfindungsbrennereien, die Trinkbranntwein erzeugen, besondere steuerliche Regelungen. Nach dem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15.6.1971 kann eine Abfindungsbrennerei ein Nebenbetrieb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sein, wobei es unschädlich ist, dass die hergestellten Erzeugnisse als Trinkbranntwein (zweite Bearbeitungsstufe) an Endverbraucher verkauft werden.
3. Bisher: Behandlung der Abfindungsbrennereien im § 13a EStG a.F.
Im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG a.F. war eine Abfindungsbrennerei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb den Sondernutzungen zugeordnet. Als Gewinn waren regelmäßig (jährlich unverändert) pauschal 512 EUR anzusetzen, weil der bewertungsrechtliche Wert einer Abfindungsbrennerei zwar 500 DM übersteigt, aber weniger als 2.000 DM ausmacht.
4. Neu: Behandlung der Abfindungsbrennereien im § 13a EStG n.F.
Nach dem ab dem Wirtschaftsjahr 2015 bzw. 2015/2016 geltenden § 13a EStG n.F. gehören die landwirtschaftlichen Nebenbetriebe nicht mehr zu den Sondernutzungen. Der Ansatz eines pauschalen Gewinns für eine Sondernutzung kommt daher nicht (mehr) in Betracht.
Sondergewinn nach § 13a Abs. 7 Nr. 3 EStG
Die Erträge aus der Verwertung von Trinkbranntwein im Rahmen einer Abfindungsbrennerei sind vielmehr als Sondergewinn i.S. des § 13a Abs. 7 Nr. 3 EStG n.F. („Einnahmen aus dem Grunde nach gewerblichen Tätigkeiten, die dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden”) zu berücksichtigen.
Denn die Verwertung von überwiegend eigenen Erzeugnissen, die im landwirtschaftlichen Nebenbetrieb be- oder verarbeitetet worden sind, ist im Rahmen des § 13a EStG n.F. nur insoweit mit dem pauschalen Ansatz des Gewinns aus der landwirtschaftlichen Nutzung bzw. aus den Sondernutzungen abgegolten, als die Be- oder Verarbeitung der Urerzeugnisse noch innerhalb der „ersten Bearbeitungsstufe” erfolgt. Fügt der Landwirt hingegen noch weitere Bearbeitungsschritte hinzu und erzeugt Produkte der zweiten Bearbeitungsstufe, ist deren Verwertung nicht mehr mit dem Ansatz eines pauschalen Gewinns für die landwirtschaftliche Nutzung i.S. des § 13a Abs. 4 EStG bzw. für Sondernutzungen i.S. des § 13a Abs. 6 EStG abgegolten.
Die Gewinne aus der Verwertung von Trinkbranntwein im Rahmen einer Abfindungsbrennerei (Produkte der zweiten Bearbeitungsstufe, die zulässig dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet werden können) sind daher gem. § 13a Abs. 7 Nr. 3 EStG als Sondergewinn zu erfassen. Der Sondergewinn beträgt 40% der Betriebseinnahmen.
5. Ergänzende Hinweise
Folgendes ist noch zu beachten:
- Ein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG kann nur angenommen werden, wenn die be- und verarbeiteten Rohstoffe (z.B. das erzeugte Obst) überwiegend (also zu mehr als 50%) im eigenen Hauptbetrieb erzeugt worden sind. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil die eingesetzten Rohstoffe überwiegend zugekauft worden sind, liegt kein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb, sondern ein eigenständiger Gewerbebetrieb vor;
- ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Obstbau ist nur dann zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG n.F. berechtigt, wenn der Nutzungsteil Obstbau nicht mehr als 1,37 ha ausmacht. Ist diese Grenze überschritten, ist dem Landwirt der Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen mitzuteilen;
- zu den Einnahmen aus dem Grunde nach gewerblichen Tätigkeiten i.S. des § 13a Abs. 7 Nr. 3 EStG gehören auch Erlöse, die der Landwirt dadurch erzielt, dass er Obst für andere Stoffbesitzer brennt;
- die Regeln zur Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der Land- und Forstwirtschaft nach R 15.5 Abs. 11 EStR („1/3-Umsatzgrenze” und „51.500 EUR-Umsatzgrenze”) sind zu beachten.
Normenkette
EStG § 13a