Leitsatz
Eine Erstattung von nachträglich festgesetztem Kindergeld gemäß § 74 Abs. 2 EStG kommt nur in Höhe der von dem Sozialleistungsträger erbrachten Sozialleistungen in Betracht. Bei der Ermittlung des Erstattungsbetrags ist eine monatsweise Betrachtung vorzunehmen.
Sachverhalt
Eine Mutter und ihr Ehemann bezogen für sich und ihre 6 Kinder bis zum 31.12.2004 Sozialleistungen in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt etc. nach dem BSHG, und ab dem 1.1.2005 erhielten sie entsprechende Sozialleistungen nach dem SGB II. Nachdem die Familienkasse im Jahr 2007 Kindergeld für die Jahre 2000 bis 2005 festgesetzt und der Klägerin mitgeteilt hatte, dass das Kindergeld an den Sozialleistungsträger erstattet werde, trägt die Klägerin im Klageverfahren vor, dass die Auszahlung des nachträglich festgesetzten Kindergeldes an den Sozialleistungsträger rechtswidrig sei.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat die Familienkasse zu Recht festgestellt, dass der Sozialleistungsträger wegen der Erbringung nachrangiger Sozialleistungen für die Kinder dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung des für die Jahre 2000 bis 2005 festgesetzten Kindergeldes hat und dass der Anspruch der Mutter auf Auszahlung des Kindergeldes insofern als erfüllt gilt. Diese Rechtswirkungen folgen aus § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. §§ 104 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 107 SGB X und § 47 AO. Allerdings hat die Familienkasse den Erstattungsanspruch des Sozialleistungsträgers fehlerhaft festgestellt. Eine Erstattung des Kindergelds ist nach Auffassung des FG nämlich nur insoweit gerechtfertigt, als monatlich mindestens dem festgesetzten Kindergeld entsprechend hohe Sozialleistungen tatsächlich erbracht wurden. Eine entsprechende monatsweise Betrachtung ist schon deshalb geboten, weil sowohl das Kindergeld als auch die seitens des Sozialleistungsträgers erbrachten Sozialleistungen nach dem BSHG und dem SGB II nach dem sog. Monatsprinzip gewährt werden (vgl. für das Kindergeld § 66 Abs. 1 EStG). Soweit die erbrachten Sozialleistungen das festgesetzte Kindergeld unterschreiten, ist das übersteigende Kindergeld an die Klägerin auszuzahlen.
Hinweis
Die von dem FG zugelassene Revision wurde von der Klägerin eingelegt und wird unter dem Az. III R 28/10 beim BFH geführt. In diesem Verfahren muss der BFH auch die Frage klären, ob die Familienkasse an den Sozialleistungsträger erstatten durfte, obwohl die Klägerin beim Kindergeld Anspruchsberechtigte ist, während die Sozialleistungen den Kindern gewährt wurden und es somit an der Gleichartigkeit der Leistungen fehlt.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 18.02.2010, 6 K 390/08 AO