Zum 1.1.2022 gab es in Deutschland 1.440.038 Unternehmen in der mit Abstand am häufigsten gewählten Rechtsform der GmbH (die UG mit 175.843 Unternehmen eingerechnet).
Überschaubare Anzahl an paritätisch mitbestimmten GmbH’s: Der Anteil nach dem Mitbestimmungsgesetz mitbestimmter GmbH’s hieran ist indes gering; im Jahr 2020 waren laut dem Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans Böckler Stiftung 377 GmbH’s paritätisch mitbestimmt. Die überschaubare Anzahl an paritätisch mitbestimmten GmbH’s dürfte
- neben der erforderlichen Mindest-Mitarbeiteranzahl
- auch mit den Rechtsfolgen einer unterbliebenen Bildung eines mitbestimmten Aufsichtsrats
begründet sein.
Zwar weitgehende Sanktionslosigkeit bei unterlassener Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrats: Zwar ist, wenn die Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 MitbestG vorliegen und somit ein paritätisch mitbestimmter Aufsichtsrat zu bilden ist, unverzüglich das Statusverfahren gem. §§ 97 ff. AktG (analog) einzuleiten. Eine unterlassene Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG ist pflichtwidrig. Beachten Sie: Ein für eine Schadensersatzpflicht der Geschäftsführung erforderlicher Schaden wird jedoch nur in Ausnahmefällen begründbar sein. Die Festsetzung eines Zwangsgelds sieht das Gesetz nicht vor.
Wächst eine GmbH somit in den Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes hinein und unterbleibt die Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrats, bleibt dies weitgehend sanktionslos. Auch werden im Vorfeld bisweilen andere Möglichkeiten zur Vermeidung einer Mitbestimmung genutzt, wie z.B. die sog. "Flucht in die SE".
Doch: Lässt sich die paritätische Mitbestimmung dauerhaft vermeiden? Aus der weitgehenden Sanktionslosigkeit folgt indes keine Gewissheit, die paritätische Mitbestimmung dauerhaft zu vermeiden:
- Zum einen ist nicht auszuschließen, dass ein Betriebsrat auf die Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrats drängt.
- Zum anderen werden (ggf. für das betreffende Unternehmen gerade in Krisenzeiten überlebensnotwendige) staatliche Förderungen (z.B. Corona-Hilfen, Hilfsprogramme für energieintensive Unternehmen) regelmäßig von der Einhaltung auch der Mitbestimmungsregelungen abhängig gemacht bzw. bei Gewährung entsprechende Auflagen erteilt.
Angesichts der geringen Anzahl paritätisch mitbestimmter GmbH’s ist die juristische Literatur zum Vorgehen bei der erstmaligen Einführung eines paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrats in der GmbH übersichtlich.
Der vorliegende Beitrag soll diese Lücke schließen und die Maßnahmen im Vorfeld der Einrichtung des ersten mitbestimmten Aufsichtsrats einer GmbH bis hin zu dessen Konstituierung überblicksartig beleuchten. Dabei wird ausdrücklich die gesellschaftsrechtliche Perspektive eingenommen; auf das komplexe Wahlverfahren der Arbeitnehmer soll hier nicht im Einzelnen eingegangen werden.