Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
1. Wird im Zusammenhang mit der Auflösung einer GbR das Gesamthandsvermögen ohne Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern auf eine andere GbR übertragen, beruht der Erwerb der anderen GbR auch dann nicht auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG, wenn an beiden GbR dieselben Gesellschafter beteiligt sind.
2. Ebenso wie bei einem Kaufvertrag, durch den ein Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet wird, ist auch beim Erwerb eines Übereignungsanspruchs mittels Abtretung für die Höhe der Gegenleistung entscheidend, in welchem tatsächlichen, möglicherweise auch erst zukünftig herzustellenden Zustand der Erwerber das Grundstück erhalten soll, d.h. in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 5, § 6 Abs. 3, § 8, § 9 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 GrEStG
Sachverhalt
An der Klägerin, einem Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR, sowie an der Immobilienfonds-M-XVI-GbR waren zu 95 % die M-AG, zu 4 % die M-GmbH und zu 1 % K beteiligt.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 26.08.1998 traten die Gesellschafter der M-XVI-GbR an die Gesellschafter der Klägerin sämtliche Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag der M-XVI-GbR mit der M-AG vom 17.12.1997 ab, während sich die Gesellschafter der Klägerin verpflichteten, in sämtliche im Kaufvertrag vom 17.12.1997 übernommenen Verpflichtungen einzutreten. Zugleich beschlossen die Gesellschafter der M-XVI-GbR die Auflösung dieser Gesellschaft unter Übertragung des gesamten Vermögens auf die Gründungsgesellschafter der Klägerin sowie H, welcher zuvor der Klägerin beigetreten war. Die Gesellschafter der Klägerin nahmen die Übertragungen an und verpflichteten sich, die Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft von allen Verbindlichkeiten freizustellen.
Gegenstand des Kaufvertrags vom 17.12.1997 war das Baugrundstück, welches die M-XVI-GbR zuvor von der M-AG erworben hatte. Die M-AG war die Initiatorin des gesamten Bauprojekts und hatte sich zunächst als Generalunternehmerin gegenüber dem Land Y zur Bebauung der entsprechenden Flächen verpflichtet. Sie war es auch, welche die Gründung der Klägerin und der M-XVI-GbR initiierte und ihre Bebauungsabsicht noch vor dem Erwerb des streitigen Grundstücks durch die Klägerin konkret umsetzte, indem sie eine baugenehmigungsreife Bebauung entwickelte.
Die Klägerin schloss dann am 31.08.1998 mit der M-AG einen Generalübernehmervertrag zur Bebauung des erworbenen Grundstücks und griff mit dem Erwerb der streitigen Flurstücke auf die von der M-AG erwirkte Baugenehmigung und deren Bebauungskonzept zurück, mit dessen Verwirklichung bereits seit dem 06.07.1998 begonnen worden war. Zur Gewinnung von Kapitalanlegern gab sie einen entsprechenden Prospekt heraus. Nach dem Beitritt von Kapitalanlegern waren die M-AG noch zu 5 %, die M-GmbH zu 0,05 % und K zu 0,10 % an der Klägerin beteiligt.
Das FA unterwarf die im Vertrag vom 26.08.1998 vereinbarte Abtretung von Ansprüchen aus dem Grundstückskaufvertrag vom 17.12.1997 zunächst auf der Grundlage eines auf 2 568 833 DM geschätzten Grundbesitzwerts nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der GrESt und setzte diese gegen die Klägerin auf 89 909 DM (45 969,74 EUR) fest.
Zuletzt erhöhte das FA die GrESt, indem es nunmehr von den Gesamtkosten in Gestalt des übernommenen Grundstückskaufpreises zuzüglich aller weiteren Kosten der Bauerrichtung i.H.v. 22 509 145,82 DM ausging und die GrESt unter Berücksichtigung des der M-AG verbliebenen Anteils an der Klägerin i.H.v. 5 % nach § 6 Abs. 3 GrEStG auf insgesamt 748 429 DM (382 665,67 EUR) festsetzte.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.07.2008, 11 K 1297/03 B, Haufe-Index 2096855, EFG 2009, 362) der hiergegen erhobenen Klage teilweise statt. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, soweit er von einer den Betrag von 10 763 000 DM (von der Klägerin angegebener Ertragswert des streitbefangenen Grundstücks nach § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GrEStG i.V.m. § 146 Abs. 2 S. 1 BewG) übersteigenden Bemessungsgrundlage ausgehe. Maßgeblich sei der nach § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GrEStG für das bebaute Grundstück zu ermittelnde Bedarfswert nach §§ 138ff. BewG, weil der Grundstückskaufvertrag vom 26.08.1998 einen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage darstelle. Die Gesellschafter der M-XVI-GbR hätten in der notariellen Verhandlung vom 26.08.1998 unter Verzicht auf eine Liquidation die Auflösung der M-XVI-GbR sowie die Übertragung des gesamten Vermögens dieser Gesellschaft auf die Gesellschafter der Klägerin beschlossen.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA die Steuerfestsetzung im Hinblick auf die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der GrESt (vgl. BFH, Beschluss vom 27.05.2009, II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009) nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nrn. 3 und 4 AO für vorläufig erklärt.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung schon aus verfahrensrechtlichen Gründen auf und wies...