Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuer, Energieerzeugnis mit zweierlei Verwendungszweck, Kohle als Brennstoff bei Zuckererzeugung
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 2 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom in der durch die Richtlinie 2004/74/EG des Rates vom 29. April 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Verwendung zum einen von Kohle als Heizstoff im Produktionsprozess von Zucker und zum anderen des bei der Verbrennung dieses Energieerzeugnisses entstehenden Kohlendioxids zur Erzeugung von Mineraldünger nicht dazu führt, dass dieses Energieerzeugnis „zweierlei Verwendungszweck“ im Sinne dieser Bestimmung hat.
Dagegen liegt „zweierlei Verwendungszweck“ vor, wenn im Produktionsprozess von Zucker zum einen Kohle als Heizstoff und zum anderen das bei der Verbrennung dieses Energieerzeugnisses entstehende Kohlendioxid verwendet wird, sofern feststeht, dass der Produktionsprozess des Zuckers ohne den Einsatz des bei der Kohleverbrennung entstehenden Kohlendioxids nicht zu Ende geführt werden kann.
2. Ein Mitgliedstaat darf dem Begriff „zweierlei Verwendungszweck“ in seinem innerstaatlichen Recht eine engere als die ihm nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 in der durch die Richtlinie 2004/74 geänderten Fassung zukommende Bedeutung beimessen, um Energieerzeugnisse zu besteuern, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie entzogen sind.
Normenkette
EGRL 96/2003 Art. 2 Abs. 4 Buchst. b
Beteiligte
Voorzitter van het managementteam van het onderdeel Belastingdienst/Z van de rijksbelastingdienst |
Verfahrensgang
Gerechtshof te 's-Hertogenbosch (Niederlande) (Urteil vom 14.09.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 399/9) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Richtlinie 2003/96/EG ‐ Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‐ Art. 2 Abs. 4 Buchst. b ‐ Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck ‐ Begriff“
In der Rechtssache C-426/12
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gerechtshof ’s-Hertogenbosch (Niederlande) mit Entscheidung vom 14. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 18. September 2012, in dem Verfahren
X
gegen
Voorzitter van het managementteam van het onderdeel Belastingdienst/Z van de rijksbelastingdienst
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und J. Malenovský sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von X, vertreten durch F. Suwandy und W. de Wit, belastingadviseurs,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Noort als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und W. Roels als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Mai 2014
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51) in der durch die Richtlinie 2004/74/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 157, S. 87, berichtigt im ABl. L 195, S. 26) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2003/96).
Rz. 2
Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen X, einer juristischen Person, und dem Voorzitter van het managementteam van het onderdeel Belastingdienst/Z van de rijksbelastingdienst (Leiter des Managementteams der Abteilung „Steuerverwaltung/Z“ des Rijksbelastingdienst, im Folgenden: Inspecteur) über die Erstattung von Brennstoffsteuern auf Kohle, die für die Zuckerproduktion von X geliefert wurde.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 3, 4, 6, 7 und 22 der Richtlinie 2003/96 lauten:
„(3) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen [P]olitiken [der Europäischen Union] erfordern die Festsetzung von … Mindeststeuerbeträgen [der Union] für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.
(4) Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.
…
(6) Nach Artikel 6 des Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen [Union]spolitiken einbezogen werden.
(7) Die [Union] hat als Unterzeichner des [am 9. Mai 1992 in New York unterzeichneten] Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen das Protokoll von Kyoto ratifiziert. Die Besteu...