Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuer, Heizstoff, Kraftstoff, Testbenzin, Leichtöl, Tuluol
Leitsatz (amtlich)
Die Vorgabe in Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, dass andere Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in dieser Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt wurde, je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert werden, ist dahin auszulegen, dass in einem ersten Schritt zu bestimmen ist, ob das fragliche Erzeugnis als Heiz- oder als Kraftstoff verwendet wird, bevor in einem zweiten Schritt festgestellt wird, an die Stelle welches der Kraft- oder der Heizstoffe, die in der entsprechenden Tabelle in Anhang I dieser Richtlinie jeweils aufgeführt sind, das fragliche Erzeugnis bei seiner Verwendung tatsächlich tritt oder in Ermangelung eines solchen, welcher dieser Kraft- oder dieser Heizstoffe ihm nach seiner Beschaffenheit und seinem Verwendungszweck am nächsten steht.
Normenkette
EGRL 96/2003 Art. 2 Abs. 3
Beteiligte
Rhein-Ruhr Beschichtungs-Service GmbH |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Richtlinie 2003/96/EG ‐ Besteuerung von Energieerzeugnissen ‐ In der Richtlinie 2003/96/EG nicht genannte Erzeugnisse ‐ Begriff ‚gleichwertiger Heiz- oder Kraftstoff‘“
In den verbundenen Rechtssachen C-43/13 und C-44/13
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidungen vom 14. November 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Januar 2013, in den Verfahren
Hauptzollamt Köln
gegen
Kronos Titan GmbH (C-43/13)
und
Hauptzollamt Krefeld
gegen
Rhein-Ruhr Beschichtungs-Service GmbH (C-44/13)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und J. Malenovský sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ des Hauptzollamts Köln, vertreten durch J. Krebs als Bevollmächtigten,
‐ der Kronos Titan GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte W. Meilicke und D. E. Rabback,
‐ des Hauptzollamts Krefeld, vertreten durch X. Konoplev als Bevollmächtigte,
‐ der Rhein-Ruhr Beschichtungs-Service GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte D. Schiebold und N. Liebheit,
‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Cunha und R. Collaço als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Barslev und W. Mölls als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Dezember 2013
folgendes
Urteil
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51).
Rz. 2
Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten, der einen zwischen dem Hauptzollamt Köln und der Kronos Titan GmbH (im Folgenden: Kronos) über den Steuerbetrag für von Kronos als Heizstoff verwendetes Toluol und der anderen zwischen dem Hauptzollamt Krefeld und der Rhein-Ruhr-Beschichtungs-Service GmbH (im Folgenden: RRBS) über die Steuerbeträge für die von RRBS als Heizstoff verwendeten Erzeugnisse Testbenzin und Leichtöl Exxsol D60.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 2003/96
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 2 bis 6, 9, 17 und 18 der Richtlinie 2003/96 lauten:
„(2) Das Fehlen von Gemeinschaftsbestimmungen über eine Mindestbesteuerung für elektrischen Strom und Energieerzeugnisse mit Ausnahme der Mineralöle kann dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sein.
(3) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.
(4) Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.
(5) Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.
(6) Nach Artikel 6 des [EG-]Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.
…
(9) Den Mitgliedstaaten sollte die nötige Flexibilität für die Festlegung und die Durchführung von auf den jeweiligen nationalen Kontext abgestimmten politischen Maßnahmen eingeräumt ...