Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen Eigenmittel-Verordnung durch nicht ordnungsgemäße Erledigung von Carnets TIR-Versanddokumenten; Aufnahme in "B"-Buchführung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 6, 9, 10 und 11 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften, mit der die auf denselben Gegenstand gerichtete Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchführung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften mit Wirkung vom 31. Mai 2000 aufgehoben und ersetzt wurde, verstoßen, dass es
Eigenmittel aus nicht ordnungsgemäß erledigten Carnets TIR nicht oder verspätet verbucht hat, indem es sie in die B-Buchführung anstatt in die A-Buchführung aufgenommen hat, so dass die entsprechenden Eigenmittel der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt wurden,
sich geweigert hat, die Verzugszinsen zu zahlen, die auf die der Kommission der Europäischen Gemeinschaften geschuldeten Beträge entfallen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Das Königreich Belgien trägt die Kosten.
Normenkette
EGV 1150/2000 Art. 6, 9-11
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tatbestand
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Eigenmittel der Gemeinschaften ‐ Nicht erledigte Carnets TIR ‐ Unterbliebene oder verspätete Zahlung der entsprechenden Eigenmittel“
In der Rechtssache C-377/03
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 9. September 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Wilms und C. Giolito als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Belgien, vertreten durch E. Dominkovits, A. Goldman und M. Wimmer als Bevollmächtigte im Beistand von B. van de Walle de Ghelcke, avocat,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, der Richterin N. Colneric sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), M. Ilešič und E. Levits,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: K. Sztranc-Slawiczek, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2005,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. Januar 2006
folgendes
Urteil
1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Folgendes festzustellen:
Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 6, 9, 10 und 11 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. L 130, S. 1), mit der die auf denselben Gegenstand gerichtete Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchführung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. L 155, S. l) mit Wirkung vom 31. Mai 2000 aufgehoben und ersetzt wurde, verstoßen, dass es
‐ bestimmte Versanddokumente (Carnets TIR) nicht ordnungsgemäß erledigt hat, so dass die daraus resultierenden Eigenmittel weder ordnungsgemäß verbucht noch rechtzeitig der Kommission zur Verfügung gestellt wurden,
‐ der Kommission nicht alle weiteren nicht angefochtenen Zollbeträge mitgeteilt hat, die in Bezug auf die Nichterledigung von Carnets TIR durch den belgischen Zoll seit 1996 in gleicher Weise behandelt wurden (Aufnahme in die B-Buchführung anstatt in die A-Buchführung),
‐ sich geweigert hat, die Verzugszinsen zu zahlen, die auf die der Kommission geschuldeten Beträge entfallen.
Rechtlicher Rahmen
Das TIR-Übereinkommen
2
Das Zollübereinkommen über den internationalen Warentransport mit Carnets TIR (im Folgenden: TIR-Übereinkommen) wurde am 14. November 1975 in Genf (Schweiz) unterzeichnet. Das Königreich Belgien ist Partei dieses Übereinkommens, wie auch die Europäische Gemeinschaft, die es mit der Verordnung (EWG) Nr. 2112/78 des Rates vom 25. Juli 1978 (ABl. L 252, S. 1) genehmigte. Das Übereinkommen trat für die Gemeinschaft am 20. Juni 1983 in Kraft (ABl. L 31, S. 13).
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Das TIR-Übereinkommen bestimmt u. a., dass für Waren, die in dem durch das Übereinkommen eingeführten TIR-Verfahren befördert werden, keine Entrichtung oder Hinterlegung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bei den Durchgangszollstellen gefordert wird.
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Voraussetzung für diese Erleichterungen ist nach dem TIR-Übereinkommen, dass die Waren während des gesamten Transports von einem einheitlichen Papier, dem Carnet TIR, begleitet werden, das der Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Vorgangs dient. Das Übereinkommen verlangt weiter, dass für den Warentransport eine Bürgschaft von Verbänden geleistet wird, die von den Vertragsparteien nach Artikel 6 zugelassen worden sind.
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Artikel 6 Absatz 1 ...