Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Einfuhren, Einfuhr von Kfz, Einfuhrbefreiung, Griechenland
Leitsatz (amtlich)
1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel verstoßen, dass sie
‐ in Art. 18 Teil A Abs. 1 des Gesetzes Nr. 2682/1999 vorgesehen hat, dass im Fall des Besitzes oder der Benutzung eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Fahrzeugs im griechischen Hoheitsgebiet durch eine Privatperson, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Griechenland hat, die normalerweise vorgesehene Strafverfolgung nicht eingeleitet wird, wenn der Betroffene die erhobene Zulassungssteuer zahlt und zugleich auf die nach nationalem Recht gegen den entsprechenden Steuerbescheid gegebenen Rechtsbehelfe verzichtet, und
‐ in Art. 18 Teil C Abs. 1 desselben Gesetzes vorgesehen hat, dass im Fall der Verhängung von Geldbußen daneben die betroffenen Fahrzeuge vorläufig beschlagnahmt werden und ihre Freigabe nach Zahlung der Geldbußen und etwaiger weiterer Abgaben erfolgt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Hellenische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Normenkette
EWGRL 182/83
Beteiligte
Kommission / Griechenland |
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tatbestand
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Richtlinie 83/182/EWG ‐ Vorübergehende Einfuhr von Verkehrsmitteln ‐ Abgabenbefreiungen ‐ Gewöhnlicher Wohnsitz in einem Mitgliedstaat“
In der Rechtssache C-156/04
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 26. März 2004,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Hellenische Republik, vertreten durch P. Mylonopoulos und I. Pouli als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues, M. Ilešič und E. Levits,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2006,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. September 2006
folgendes
Urteil
1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission, festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 90 EG und aus der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel (ABl. L 105, S. 59, im Folgenden: Richtlinie), insbesondere Art. 1 dieser Richtlinie, verstoßen hat, dass sie
‐ auf die vorübergehende Nutzung von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen in ihrem Hoheitsgebiet statt der Vorschriften der Richtlinie die für aus Drittländern stammende Fahrzeuge geltenden Vorschriften über das zollrechtliche Verfahren der vorübergehenden Verwendung anwendet,
‐ auf Vergehen in Bezug auf die Anmeldung der in ihrem Hoheitsgebiet vorübergehend verwendeten Fahrzeuge eine Regelung über Sanktionen anwendet, die zusammen mit der Praxis der Behörden, den gewöhnlichen Wohnsitz der jeweiligen Privatperson, die das Fahrzeug einführt, systematisch in Griechenland festzulegen, offensichtlich unverhältnismäßig sind,
‐ systematisch die für die endgültige Einfuhr von Fahrzeugen vorgesehenen Abgaben erhebt, wenn einer Privatperson zum zweiten Mal ein Fahrzeug gestohlen wird, das sich jeweils im Verfahren der vorübergehenden Verwendung befand.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2
Nach ihrem ersten und ihrem zweiten Erwägungsgrund bezweckt die Richtlinie die Beseitigung der Hemmnisse für die Freizügigkeit und die Errichtung des Binnenmarkts aufgrund der steuerrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten über die vorübergehende Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel.
3
Im dritten Erwägungsgrund heißt es, dass „in bestimmten Fällen der sichere Nachweis geführt werden [muss], dass die betreffenden Personen Gebietsansässige eines Mitgliedstaats sind“.
4
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten unter den in ihr festgelegten Bedingungen bei der vorübergehenden Einfuhr von Straßenkraftfahrzeugen aus einem Mitgliedstaat eine Befreiung insbesondere von Umsatzsteuern, Sonderverbrauchsteuern und sonstigen Verbrauchsabgaben gewähren. Nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie gilt die Befreiung nicht für Nutzfahrzeuge.
5
Bei Personenfahrzeugen findet die Befreiung nach Art. 3 der Richtlinie bei ihrer vorübergehenden Einfuhr zur privaten Nutzung für höchstens sechs Monate mit oder ohne Unterbrechung je Zwölfmonatszeitraum Anwendung. Bei einer beruflichen Nutzung dieser Fahrzeuge findet die Befreiung nach Art. 4 der Richtlinie bei einer vorübergehenden Einfuhr für se...