Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Grenzüberschreitender Güterkraftverkehr von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat. Kabotagebeförderungen im Hoheitsgebiet des letztgenannten Mitgliedstaats im Anschluss an diesen grenzüberschreitenden Verkehr. Beschränkungen. Erfordernis einer Gemeinschaftslizenz und gegebenenfalls einer Beförderungsgenehmigung. Ausnahmen. Kabotagebeförderungen im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung im Werkverkehr. Bedingungen
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 Art. 1 Abs. 5 Buchst. d Art. 8
Beteiligte
Staatsanwaltschaft Köln und Bundesamt für Güterverkehr |
Tenor
Die Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs ist dahin auszulegen, dass ein Verkehrsunternehmer, der eine grenzüberschreitende Güterbeförderung im Werkverkehr im Sinne von Art. 1 Abs. 5 Buchst. d dieser Verordnung von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat durchgeführt hat, nach Art. 8 Abs. 6 der Verordnung zur Durchführung von Kabotage im Hoheitsgebiet des letztgenannten Mitgliedstaats im Anschluss an diese grenzüberschreitende Beförderung berechtigt ist, vorausgesetzt jedoch, dass die in Art. 8 Abs. 2 bis 4 der Verordnung vorgesehenen Bedingungen beachtet werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 25. November 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Dezember 2019, in dem Verfahren gegen
KA
Beteiligte:
Staatsanwaltschaft Köln,
Bundesamt für Güterverkehr,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Wahl sowie der Richter F. Biltgen (Berichterstatter) und J. Passer,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von KA, vertreten durch S. Domaradzki, adwokat,
- des Bundesamts für Güterverkehr, vertreten durch A. Marquardt als Bevollmächtigten,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Garofoli, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und C. Vrignon als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. 2009, L 300, S. 72).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, das unter Beteiligung des Bundesamts für Güterverkehr (Deutschland) (im Folgenden: BAG) gegen den Einspruchsführer des Ausgangsverfahrens, KA, wegen Verstoßes gegen die Kabotagevorschriften geführt wird.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 13 und 15 der Verordnung Nr. 1072/2009 wird ausgeführt:
„(13) Verkehrsunternehmer, die Inhaber der Gemeinschaftslizenz gemäß dieser Verordnung sind, sowie Verkehrsunternehmer, die zur Durchführung bestimmter Kategorien grenzüberschreitender Beförderungen berechtigt sind, sollten im Einklang mit dieser Verordnung zeitweilig zur innerstaatlichen Beförderung in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen werden, ohne dort über einen Unternehmenssitz oder eine Niederlassung verfügen zu müssen. …
…
(15) Unbeschadet der Bestimmungen des [AEU-]Vertrags über die Niederlassungsfreiheit ist die Kabotagebeförderung die Erbringung von Dienstleistungen durch einen Verkehrsunternehmer in einem Mitgliedstaat, in dem er nicht niedergelassen ist; sie sollte nicht untersagt werden, sofern sie nicht dergestalt durchgeführt wird, dass dadurch eine dauerhafte oder ununterbrochene Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat entsteht. Im Hinblick auf die Durchsetzung dieser Forderung sollten die Häufigkeit der Kabotagebeförderungen und der Zeitraum, in dem sie durchgeführt werden können, klarer bestimmt werden. In der Vergangenheit wurden solche innerstaatlichen Beförderungen zeitweilig erlaubt. Praktisch war es aber schwierig[,] festzustellen, welche Dienste erlaubt sind. Daher bedarf es klarer und einfach durchzusetzender Vorschriften.”
Rz. 4
In Art. 1 („Anwendungsbereich”) dieser Verordnung heißt es:
„(1) Diese Verordnung gilt für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der [Europäischen Union] zurückgelegten Wegstrecken.
…
(4) Diese Verordnung gilt für den innerstaatlichen Güterkraftverkehr, der von einem gebietsfremden Verkehrsunternehmer gemäß Kapitel III zeitweilig durchgeführt wird.
(5) Folgende Beförderungen sowie im Zusammenhang damit durchgeführte Leerfahrten bedürfen keiner Gemeinschaftslizenz und sind von jeglichem Erfordernis einer Beförderungsgenehmigung ausgenommen:
- die Beförderung von Postsendungen im Rahmen ...