Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollkodex
Normenkette
EUV 952/2013 Art. 43-45
Beteiligte
Agenzia delle Dogane e dei Monopoli, Ufficio delle Dogane di Genova 1 |
Agenzia delle Dogane e dei Monopoli, Ufficio delle Dogane di Genova 2 |
Agenzia delle Entrate – Riscossione – Genova |
Verfahrensgang
Corte di giustizia tributaria di primo grado di Genova (Italien) (Beschluss vom 22.11.2022; ABl. EU 2023, Nr. C 121/5) |
Tenor
Die Art. 43 bis 45 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union
sind dahin auszulegen, dass
sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die die sofortige Vollstreckbarkeit noch nicht rechtskräftig gewordener erstinstanzlicher Urteile vorsehen, wenn es um traditionelle Eigenmittel der Europäischen Union geht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte di giustizia tributaria di primo grado di Genova (vormals Commissione tributaria provinciale di Genova) (Finanzgericht erster Instanz Genua, vormals Provinzfinanzkommission Genua, Italien) mit Entscheidung vom 22. November 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Dezember 2022, in dem Verfahren
OSTP Italy Srl
gegen
Agenzia delle Dogane e dei Monopoli, Ufficio delle Dogane di Genova 1,
Agenzia delle Dogane e dei Monopoli, Ufficio delle Dogane di Genova 2,
Agenzia delle Entrate – Riscossione – Genova
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten Z. Csehi, des Präsidenten der Fünften Kammer E. Regan (Berichterstatter) und des Richters D. Gratsias,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der OSTP Italy Srl, vertreten durch R. Dominici, A. Macchi, F. Munari und S. Pedemonte, Avvocati,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Meloncelli, Avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und F. Moro als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 bis 45 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Union).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der OSTP Italy Srl (im Folgenden: OSTP) auf der einen und der Agenzia delle Dogane e dei Monopoli, Ufficio delle Dogane di Genova 1 (Zoll- und Monopolagentur, Zollamt Genua 1, Italien), der Agenzia delle Dogane e dei Monopoli, Ufficio delle Dogane di Genova 2 (Zoll- und Monopolagentur, Zollamt Genua 2, Italien) (im Folgenden zusammen: Zoll- und Monopolagentur) sowie der Agenzia delle Entrate – Riscossione – Genova (Agentur der Einnahmen – Erhebung – Genua, Italien) (im Folgenden: Finanzverwaltung) auf der anderen Seite. Der Rechtsstreit betrifft die Vollstreckung eines sich auf traditionelle Eigenmittel der Europäischen Union beziehenden Anspruchs, wobei die Vollstreckung durch eine Entscheidung eines nationalen Gerichts aufgehoben worden war, gegen die aber ein Rechtsmittel anhängig ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Zollkodex der Union
Rz. 3
Art. 43 („Von einem Gericht erlassene Entscheidungen”) des Zollkodex der Union bestimmt:
„Die Artikel 44 und 45 gelten nicht für Rechtsbehelfe, die im Hinblick auf die Rücknahme, den Widerruf oder die Änderung einer von einem Gericht oder von einer Zollbehörde, die als Gericht handelt, im Zusammenhang mit der Anwendung der zollrechtlichen Vorschriften erlassenen Entscheidung eingelegt werden.”
Rz. 4
Art. 44 („Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs”) des Zollkodex der Union bestimmt:
„(1) Jede Person hat das Recht, einen Rechtsbehelf gegen eine von den Zollbehörden im Zusammenhang mit der Anwendung der zollrechtlichen Vorschriften erlassene Entscheidung einzulegen, die sie unmittelbar und persönlich betrifft.
Jede Person, deren Antrag auf Erlass einer Entscheidung durch die Zollbehörden nicht innerhalb der in Artikel 22 Absatz 3 genannten Frist entsprochen wird, ist ebenfalls berechtigt, einen Rechtsbehelf einzulegen.
(2) Das Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs kann in einem mindestens zweistufigen Verfahren ausgeübt werden:
- auf der ersten Stufe bei einer Zollbehörde oder einem Gericht oder einer von den Mitgliedstaaten für diesen Zweck benannten anderen Stelle,
- auf der zweiten Stufe bei einer höheren unabhängigen Stelle, bei der es sich nach Maßgabe der geltenden Vorschriften der Mitgliedstaaten um ein Gericht oder eine gleichwertige spezialisierte Stelle handeln kann.
(3) Der Rechtsbehelf wird in dem Mitgliedstaat eingelegt, in dem die Entscheidung erlassen oder beantragt worden ist.
(4) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, ...