Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuererstattung an Unternehmer in anderen EU-Mitgliedstaaten
Beteiligte
Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises |
Tenor
1) Artikel 3 Buchstabe a der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige ist dahin auszulegen, daß er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, in seinem innerstaatlichen Recht die Möglichkeit vorzusehen, daß ein nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger bei von ihm nicht zu vertretendem Abhandenkommen einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments den Nachweis seines Erstattungsanspruchs durch Vorlage einer Zweitschrift der Rechnung oder des fraglichen Einfuhrdokuments führt, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, daß weitere Erstattungsanträge gestellt werden.
2) Hat ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Steuerpflichtiger die Möglichkeit, bei von ihm nicht zu vertretendem Abhandenkommen der ihm zugegangenen Originalrechnung den Nachweis seines Anspruchs auf Erstattung der Umsatzsteuer durch Vorlage einer Zweitschrift oder einer Ablichtung der Rechnung zu führen, so folgt aus dem Diskriminierungsverbot des Artikels 6 des Vertrages, auf das in der fünften Begründungserwägung der Achten Richtlinie hingewiesen wird, daß diese Möglichkeit auch einem nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen einzuräumen ist, wenn der dem Erstattungsantrag zugrunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, daß weitere Erstattungsanträge gestellt werden.
Gründe
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
11. Juni 1998 (1)
„Mehrwertsteuer – Auslegung von Artikel 3 Buchstabe a der Achten Richtlinie 79/1072/EWG – Verpflichtung eines nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen, seinem Antrag auf Erstattung der Steuer die Originale der Rechnungen oder der Einfuhrdokumente beizufügen – Zulässigkeit der Vorlage einer Zweitschrift, wenn das Abhandenkommen des Originals vom Steuerpflichtigen nicht zu vertreten ist”
In der Rechtssache C-361/96
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Finanzgericht Köln in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises
gegen
Bundesamt für Finanzen
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 3 Buchstabe a der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (ABl. L 331, S. 11)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter M. Wathelet, J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), D. A. O. Edward und J. -P. Puissochet,
Generalanwalt: G. Cosmas
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises, vertreten durch B. Hense, Mitglied des Vorstands der C & L Treuhand-Vereinigung Deutsche Revision AG, und K. P. Karig, Leiter der Steuerabteilung der C & L Treuhand-Vereinigung Deutsche Revision AG, Frankfurt/Main,
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Jürgen Grunwald als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises, vertreten durch H. Morin-Hauser, Steuerberaterin bei der C & L Treuhand-Vereinigung Deutsche Revision AG, der deutschen Regierung, vertreten durch E. Röder, und der Kommission, vertreten durch J. Grunwald, in der Sitzung vom 15. Januar 1998,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Februar 1998,
folgendes
Urteil
1. Das Finanzgericht Köln hat mit Beschluß vom 29. August 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 3 Buchstabe a der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (ABl. L 331, S. 11; im folgenden: Achte Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises und dem Bundesamt für Finanzen darüber, ob für die Klägerin des Ausgangsverfahrens die Möglichkeit besteht, ihren Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer durch Vorlage einer Zweitschrift des Originals der R...