Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollkodex, Zollwert, Ausfuhrerstattungen, Ausfuhren von Zucker, Wiederausfuhr, Zollwertermittlung unter Berücksichtigung des Werts der Ausfuhrerstattung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Art. 29 und 32 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie für die Ermittlung des Zollwerts von Waren gelten, die auf der Grundlage eines Vertrags eingeführt werden, der zwar als Kaufvertrag bezeichnet wird, sich aber in Wahrheit als Be- oder Verarbeitungsvertrag herausstellt. Im Rahmen dieser Ermittlung kommt es nicht darauf an, ob die Be- oder Verarbeitung die Voraussetzungen erfüllt, die in Art. 24 dieser Verordnung dafür festgelegt sind, dass die betroffenen Waren als Ursprungswaren des Landes gelten, in dem die betreffenden Vorgänge stattgefunden haben.
2. Die Art. 29 und 32 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass bei der Zollwertermittlung der Wert der Ausfuhrerstattung zu berücksichtigen ist, die für eine Ware gewährt und durch eine Praxis erlangt wurde, die darin besteht, unionsrechtliche Bestimmungen anzuwenden, um daraus missbräuchlich einen Vorteil zu ziehen.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 29, 32
Beteiligte
Ioannis Christodoulou, Nikolaos Christodoulou, Afoi N. Christodoulou A.E |
Verfahrensgang
Dioikitiko Protodikeio Serron (Griechenland) (Urteil vom 15.11.2011; ABl. EU 2012, Nr. C 138/7) |
Tatbestand
„Zollwert ‐ In ein Drittland ausgeführte Waren ‐ Ausfuhrerstattungen ‐ Als unwesentlich angesehene Verarbeitung im Ausfuhrland ‐ Wiederausfuhr der Waren in das Gebiet der Europäischen Union ‐ Ermittlung des Zollwerts ‐ Transaktionswert“
In der Rechtssache C-116/12
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Dioikitiko Protodikeio Serron (Griechenland) mit Entscheidung vom 15. November 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 5. März 2012, in dem Verfahren
Ioannis Christodoulou,
Nikolaos Christodoulou,
Afoi N. Christodoulou AE
gegen
Elliniko Dimosio
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet sowie der Richter E. Levits und F. Biltgen (Berichterstatter),
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von I. und N. Christodoulou sowie der Afoi N. Christodoulou AE, vertreten durch P. Niadis und A. Karydi, dikigoroi,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou, P. Karastergiou, I. Bakopoulos und K. Boskovits als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 24, 29, 32 und 146 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 (ABl. L 17, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen I. und N. Christodoulou sowie der Afoi N. Christodoulou AE (im Folgenden zusammen: Kläger) einerseits und dem Elliniko Dimosio (Direktor des Zollamts Serres) andererseits wegen eines ihnen gegenüber ergangenen Festsetzungsbescheids.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Art. 24 des Zollkodex lautet:
„Eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt waren, hat ihren Ursprung in dem Land, in dem die letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung stattgefunden hat, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden ist und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt.“
Rz. 4
Art. 25 des Zollkodex bestimmt:
„Eine Be- oder Verarbeitung, bei der festgestellt worden ist oder bei der die festgestellten Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, dass sie nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft für Waren bestimmter Länder gelten, kann den so erzeugten Waren keinesfalls im Sinne des Artikel 24 die Eigenschaft von Ursprungswaren des Be- oder Verarbeitungslandes verleihen.“
Rz. 5
In Art. 29 des Zollkodex heißt es:
„(1) Der Zollwert eingeführter Waren ist der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 und unter der Voraussetzung, dass
a) keine Einschränkungen bezüglich der Verwendung und des Gebrauchs der Waren durch d...