Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Verfahrensgang
Tenor
Die Position 9406 00 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 der Kommission vom 16. Oktober 2014 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
der darin enthaltene Begriff „vorgefertigtes Gebäude” eine Ware aus Kunststoff nicht umfasst, die dem Schutz von Tieren gegen Witterungseinflüsse dient, als „Kälberhütte” bezeichnet wird sowie über ein Dach und Wände verfügt, die jedoch nicht notwendigerweise einen zu allen Seiten vollständig umschlossenen Raum bildet und deren Abmessungen es einem durchschnittlich großen Menschen nicht erlauben, sie in aufrechter Körperhaltung zu betreten und darin aufrecht stehend Tätigkeiten nachzugehen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. August 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 2023, in dem Verfahren
A GmbH & Co. KG
gegen
Hauptzollamt B
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten Z. Csehi sowie der Richter M. Ilešsč (Berichterstatter) und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: A. M. Collins,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Eggers und M. Salyková als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Januar 2024
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Tarifposition 9406 00 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 der Kommission vom 16. Oktober 2014 (ABl. 2014, L 312, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Anhang I).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft deutschen Rechts A GmbH & Co. KG und dem Hauptzollamt B (Deutschland) über die zolltarifliche Einreihung von Vorrichtungen zum Schutz von Tieren vor Witterungseinflüssen, sogenannten „Kälberhütten”, in die KN.
Rechtlicher Rahmen
HS
Rz. 3
Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde im Rahmen der Weltzollorganisation (WZO) mit dem am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt und mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt.
Rz. 4
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a Nr. 2 des Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS anzuwenden und die Tragweite dieser Abschnitte, Kapitel und Unterpositionen nicht zu verändern.
Rz. 5
Die Einreihung von Waren in die HS-Nomenklatur erfolgt nach diesen Allgemeinen Vorschriften, deren Vorschrift 3 bestimmt:
„Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:
- Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.
- Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen[,] und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.
- Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.”
Rz. 6
Kapitel 39 des HS trägt die Überschrift „Kunststoffe und Waren daraus”.
Rz. 7
Kapitel 94 des HS trägt die Überschrif...