Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinien 92/50/EWG und 2004/18/EG. Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Öffentliche Auftraggeber. Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Voraussetzung, dass die Tätigkeit der Einrichtung ‚überwiegend vom Staat finanziert’ wird
Beteiligte
Rundfunk Berlin-Brandenburg |
Zweites Deutsches Fernsehen |
GEWA – Gesellschaft für Gebäudereinigung und Wartung mbH |
Tenor
1. Art. 1 Buchst. b Abs. 2 dritter Gedankenstrich erste Alternative der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass eine überwiegende Finanzierung durch den Staat vorliegt, wenn öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden überwiegend durch eine Gebühr finanziert werden, die von denjenigen zu zahlen ist, die ein Rundfunkgerät bereithalten, und die nach Regeln auferlegt, berechnet und erhoben wird, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen.
2. Art. 1 Buchst. b Abs. 2 dritter Gedankenstrich erste Alternative der Richtlinie 92/50 ist dahin auszulegen, dass im Fall der Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden gemäß den im Rahmen der Prüfung der ersten Vorlagefrage dargestellten Modalitäten das Tatbestandsmerkmal der „Finanzierung durch den Staat” keine Eröffnung eines direkten Einflusses des Staates oder anderer öffentlicher Stellen bei der Vergabe eines Auftrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden durch solche Einrichtungen verlangt.
3. Art. 1 Buchst. a Ziff. iv der Richtlinie 92/50 ist dahin auszulegen, dass nach dieser Bestimmung nur die öffentlichen Aufträge dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie entzogen sind, die die in dieser Vorschrift genannten Dienstleistungen betreffen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. Juli 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 7. August 2006, in dem Verfahren
Bayerischer Rundfunk,
Deutschlandradio,
Hessischer Rundfunk,
Mitteldeutscher Rundfunk,
Norddeutscher Rundfunk,
Radio Bremen,
Rundfunk Berlin-Brandenburg,
Saarländischer Rundfunk,
Südwestrundfunk,
Westdeutscher Rundfunk,
Zweites Deutsches Fernsehen
gegen
GEWA – Gesellschaft für Gebäudereinigung und Wartung mbH,
Beteiligte:
Heinz W. Warnecke, handelnd unter der Bezeichnung Großbauten Spezial Reinigung,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und J. Malenovský,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Bayerischen Rundfunks, des Deutschlandradios, des Hessischen Rundfunks, des Mitteldeutschen Rundfunks, des Norddeutschen Rundfunks, von Radio Bremen, des Rundfunks Berlin-Brandenburg, des Saarländischen Rundfunks, des Südwestrundfunks, des Westdeutschen Rundfunks und des Zweiten Deutschen Fernsehens, vertreten durch die Rechtsanwälte B. Mitrenga und K.-P. Mailänder, die Justiziare C.-E. Eberle und J. Betz sowie N. Hütt, Referentin im Justiziariat,
- der GEWA – Gesellschaft für Gebäudereinigung und Wartung mbH, vertreten durch Rechtsanwalt C. Antweiler und Rechtsanwältin K. P. Dreesen,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch E. Ośniecka-Tamecka als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis und B. Schima als Bevollmächtigte,
- der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch B. Alterskjær und L. Young als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2007
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 1 Buchst. b Abs. 2 dritter Gedankenstrich erste Alternative und Buchst. a Ziff. iv der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, bei dem es um die Frage geht, ob es sich bei den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten um öffentliche Auftraggeber zum Zweck der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge handelt.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie 92/50 gilt gemäß ihrem Art. 7 Abs. 1 für öffentliche Aufträge für Diens...