Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Zollunion. Zollkodex der Gemeinschaften. Überprüfung der Waren. Antrag auf Überprüfung der Zollanmeldung. Nachträgliche Prüfung
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 78
Beteiligte
Agenzia delle dogane e dei monopoli – Ufficio delle dogane di Salerno |
Verfahrensgang
Commissione tributaria regionale della Campania (Italien) (Beschluss vom 29.09.2017; ABl. EU 2019, Nr. C 357/11) |
Tenor
Art. 78 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass er der Einleitung des dort vorgesehenen Verfahrens zur Überprüfung der Zollanmeldung nicht entgegensteht, auch wenn die betreffende Ware bei einer früheren Einfuhr ohne Beanstandung einer physischen Prüfung unterzogen wurde, durch die ihre zolltarifliche Einreihung bestätigt wurde.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Commissione tributaria regionale della Campania – sezione staccata di Salerno (Regionalsteuerkommission Kampanien – Außenstelle Salerno, Italien) mit Entscheidung vom 29. September 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juni 2019, in dem Verfahren
Antonio Capaldo SpA
gegen
Agenzia delle dogane e dei monopoli – Ufficio delle dogane di Salerno
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský und N. Wahl (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Antonio Capaldo SpA, vertreten durch P. Giordano und R. Salzano, avvocati, sowie durch D. De Rosa,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart, M. Salyková und C. Sjödin als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 78 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex).
Rz. 2
Das Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Antonio Capaldo SpA und der Agenzia delle dogane e dei monopoli – Ufficio delle dogane di Salerno (Zoll- und Monopolagentur – Zollamt Salerno, Italien) (im Folgenden: Zollamt) wegen der Überprüfung ihrer Zollanmeldungen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Art. 62 des Zollkodex sieht vor:
„(1) Die schriftlichen Zollanmeldungen sind auf einem Vordruck abzugeben, der dem amtlichen Muster entspricht. Sie müssen unterzeichnet werden und alle Angaben enthalten, die zur Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich sind.
(2) Den Anmeldungen sind alle Unterlagen beizufügen, deren Vorlage zur Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich ist.”
Rz. 4
Art. 65 des Zollkodex lautet:
„Dem Anmelder wird auf Antrag bewilligt, eine oder mehrere Angaben in der Anmeldung zu berichtigen, nachdem diese von den Zollbehörden angenommen worden ist. Die Berichtigung darf nicht zur Folge haben, dass sich die Anmeldung auf andere als die ursprünglich angemeldeten Waren bezieht.
Eine Berichtigung wird jedoch nicht mehr zugelassen, wenn der Antrag gestellt wird, nachdem die Zollbehörden
- den Anmelder davon unterrichtet haben, dass sie eine Beschau der Waren vornehmen wollen,
- festgestellt haben, dass die betreffenden Angaben unrichtig sind[,] oder
- die Waren dem Anmelder bereits überlassen haben.”
Rz. 5
Art. 78 des Zollkodex bestimmt:
„(1) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vornehmen.
(2) Die Zollbehörden können nach der Überlassung der Waren die Geschäftsunterlagen und anderes Material, das im Zusammenhang mit den betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrgeschäften sowie mit späteren Geschäften mit diesen Waren steht, prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung zu überzeugen. Diese Prüfung kann beim Anmelder, bei allen in geschäftlicher Hinsicht mittelbar oder unmittelbar beteiligten Personen oder bei allen anderen Personen durchgeführt werden, die diese Unterlagen oder dieses Material aus geschäftlichen Gründen in Besitz haben. Die Zollbehörden können auch eine Überprüfung der Waren vornehmen, sofern diese noch vorgeführt werden können.
(3) Ergibt die nachträgliche Prüfung der Anmeldung, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so treffen die Zollbehörden unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen...