Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalansammlung, Gesellschaftsteuer bei Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien, Zuschüsse durch Muttergesellschaft des neuen Gesellschafters
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff Einlagen jeder Art finanzielle Beiträge erfasst, die eine Muttergesellschaft an eine Kapitalgesellschaft, die ihr Kapital durch Ausgabe neuer Aktien erhöht, leistet, damit diese von einer Tochtergesellschaft der genannten Muttergesellschaft erworben werden können.
2. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 69/335 in der Fassung der genannten Beitrittsakte ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff Einlagen jeder Art zusätzliche finanzielle Beiträge erfasst, die ein neuer Gesellschafter nicht an die Kapitalgesellschaft, die ihr Kapital durch Ausgabe neuer Aktien erhöht, sondern an Tochtergesellschaften dieser Kapitalgesellschaft zahlt, sofern sich aus den Umständen des Falles eindeutig ergibt, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Kapitalgesellschaft der eigentliche Empfänger dieser Beiträge ist.
3. Unter einer aufschiebenden Bedingung geleistete Einlagen stellen erst nach Eintritt dieser Bedingung Einlagen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 69/335 in der Fassung der genannten Beitrittsakte dar.
4. Die Gesellschaftsteuer stellt keine Last bzw. Verbindlichkeit im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 69/335 in der Fassung der in Nummer 1 dieser Entscheidungsformel genannten Beitrittsakte dar.
Normenkette
EWGRL 335/69 Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 4 Abs. 1 Buchst. c
Beteiligte
Energie Steiermark Holding |
Energie Steiermark Holding AG |
Finanzlandesdirektion für Steiermark |
Verfahrensgang
Tatbestand
Richtlinie 69/335/EWG - Indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital - Gesellschaftsteuer - Erhöhung des Kapitals durch Ausgabe neuer Aktien - Bei der Beteiligung eines neuen Gesellschafters am Kapital gezahlte Beiträge - Von der Muttergesellschaft des neuen Gesellschafters gezahlte Beiträge - An die Tochtergesellschaften der ihr Kapital erhöhenden Gesellschaft gezahlte Beiträge - Noch nicht gezahlte Beiträge
In der Rechtssache C-339/99
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Energie Steiermark Holding AG
gegen
Finanzlandesdirektion für Steiermark
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c und 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter) und V. Skouris, der Richterin F. Macken und des Richters J. N. Cunha Rodrigues,
Generalanwalt: A. Tizzano
Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Energie Steiermark Holding AG, vertreten durch Rechtsanwalt P. Csoklich,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Stix-Hackl als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Energie Steiermark Holding AG, vertreten durch Rechtsanwalt P. Csoklich, der Finanzlandesdirektion für Steiermark, vertreten durch H. Bavenek-Weber als Bevollmächtigte, der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch K. Gross in der Sitzung vom 26. September 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Februar 2002,
folgendes
Urteil
1.
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 1. September 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 13. September 1999, gemäß Artikel 234 EG vier Fragen nach der Auslegung der Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c und 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassung...