Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuervergünstigungen bei der Übertragung von Aktien zu einem ermäßigten Preis auf Gesellschaften, an denen der Übertragende beteiligt ist
Leitsatz (amtlich)
1. Die Artikel 43 EG und 48 EG stehen nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach im Fall einer Übertragung von Aktien zu einem ermäßigten Preis der Übertragende für die Besteuerung des Gewinns aus diesen Aktien von der Vergünstigung eines Steueraufschubs ausgeschlossen ist, wenn die Aktien auf eine ausländische juristische Person, an der der Übertragende unmittelbar oder mittelbar Anteile besitzt - sofern ihm diese Beteiligung einen Einfluss auf die Entscheidungen dieser ausländischen juristischen Person ermöglicht und er durch sie deren Tätigkeiten bestimmen kann -, oder auf eine schwedische Aktiengesellschaft, die die Tochtergesellschaft einer solchen ausländischen juristischen Person ist, übertragen wurden.
2. Die Artikel 56 EG und 58 EG stehen nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach im Fall einer Übertragung von Aktien zu einem ermäßigten Preis der Übertragende für die Besteuerung des Gewinns aus diesen Aktien von der Vergünstigung eines Steueraufschubs ausgeschlossen ist, wenn die Aktien auf eine ausländische juristische Person übertragen wurden, an der der Übertragende unmittelbar oder mittelbar Anteile besitzt, die ihm keinen Einfluss auf die Entscheidungen dieser ausländischen juristischen Person ermöglichen und durch die er deren Tätigkeiten nicht bestimmen kann.
Normenkette
EG Art. 43 (früher Art. 52 EGVtr); EGVtr Art. 48, 56 (jetzt Art. 46 EG), Art. 58 (jetzt Art. 48 EG)
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
Niederlassungsfreiheit - Freier Kapitalverkehr - Einkommensteuer - Steuervergünstigungen bei der Übertragung von Aktien zu einem ermäßigten Preis auf Gesellschaften, an denen der Übertragende beteiligt ist
In der Rechtssache C-436/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Regeringsrätt (Schweden) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
X,
Y
gegen
Riksskatteverk
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 43 EG, 46 EG, 48 EG, 56 EG und 58 EG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet sowie der Richter C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), D. A. O. Edward, P. Jann und A. Rosas,
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von X und Y, vertreten durch P. Nordquist, advokat,
- des Riksskatteverk, vertreten durch T. Wallén, skattejurist,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und J. Enegren als Bevollmächtigte,
- der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch P. A. Bjørgan als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von X und Y, vertreten durch P. Nordquist, der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten, der Kommission, vertreten durch R. Lyal und J. Enegren, und der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch P. A. Bjørgan, in der Sitzung vom 20. März 2002,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Juni 2002,
folgendes
Urteil
1.
Das Regeringsrätt (oberster Verwaltungsgerichtshof) hat mit Beschluss vom 1. November 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 27. November 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung der Artikel 43 EG, 46 EG, 48 EG, 56 EG und 58 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit einer Klage der beiden schwedischen Staatsangehörigen X und Y gegen einen Vorbescheid des Skatterättsnämnd (Steuerrechtskommission), wonach X und Y als Übertragende von Aktien zu einem ermäßigten Preis von der Vergünstigung eines Aufschubs der Steuer, die wegen des mit den Aktien erzielten Gewinns anfällt, gemäß einer nationalen Bestimmung ausgeschlossen sind, die diesen Ausschluss für den Fall vorsieht, dass die Übertragung auf eine ausländische juristische Person, an der der Übertragende unmittelbar oder mittelbar Anteile besitzt, oder auf eine schwedische Aktiengesellschaft, an der diese ausländische juristische Person unmittelbar oder mittelbar Anteile besitzt, vorgenommen wird.
Innerstaatlicher rechtlicher Rahmen
3.
Das Gesetz über die staatliche Einkommensteuer (Lagen [1947:576] om statlig inkomstskatt) in geänderter Fassung (im Folgenden: SIL) bestimmt in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe h Unterabsätze 1, 2, 3 und 8:
Die unentgeltliche Übertragung eines Vermögensgegenstands, auf die die Artikel 25 bis 31 anwendbar sind, auf eine schwedische Aktiengesellschaft, an der der Übertragende oder ein Angehöriger unmittelbar oder - in einem anderen als dem in Unterabsatz 3 Satz 2 genannten Fall - mittelbar Aktien besitzt, ist so zu behandeln, als ob der Ve...