Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug, Beschränkung des Vorsteuerabzugs bei Pkw-Kosten, Stand-Still-Klausel, Polen
Leitsatz (amtlich)
Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage hindert einen Mitgliedstaat daran, bei der Umsetzung dieser Richtlinie in das nationale Recht die nationalen Vorschriften über die Beschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Fahrzeuge, die für eine steuerpflichtige Tätigkeit verwendet werden, in ihrer Gesamtheit aufzuheben, indem er sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie in seinem Gebiet durch solche ersetzt, in denen hierzu neue Kriterien festgesetzt werden, sofern ‐ was vom vorlegenden Gericht zu beurteilen ist ‐ die letztgenannten Vorschriften eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Beschränkungen bewirken. Der betreffende Artikel hindert einen Mitgliedstaat auf jeden Fall daran, seine im genannten Zeitpunkt in Kraft getretenen Rechtsvorschriften später derartig zu ändern, dass der Anwendungsbereich dieser Beschränkungen gegenüber der Situation, die vor diesem Zeitpunkt bestand, ausgedehnt wird.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 6
Beteiligte
Dyrektor Izby Skarbowej w Krakowie |
Verfahrensgang
Wojewódzki Sad Administracyjny w Krakowie (Polen) (Urteil vom 17.05.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 269/35) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 17 Abs. 2 und 6 ‐ Nationale Regelung ‐ Abzug der Mehrwertsteuer auf den Kauf von Kraftstoff für bestimmte Fahrzeuge unabhängig von deren Verwendungszweck ‐ Effektive Beschränkung des Rechts zum Abzug der Steuer ‐ Ausschlüsse, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind“
In der Rechtssache C-414/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Wojewódzki Sad Administracyjny w Krakowie (Polen) mit Entscheidung vom 17. Mai 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 10. September 2007, in dem Verfahren
Magoora sp. z. o. o.
gegen
Dyrektor Izby Skarbowej w Krakowie
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis (Berichterstatter) und J. Malenovský,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Magoora sp. z. o. o., vertreten durch Z. Liptak und J. Martini,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz und H. Majszczyk als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K. Herrmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Magoora sp. z. o. o. (im Folgenden: Magoora) und dem Dyrektor Izby Skarbowej w Krakowie (im Folgenden: Direktor der Finanzkammer Krakau) über die Auslegung des Anwendungsbereichs und der Anwendungsmodalitäten des nationalen Steuerrechts betreffend das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer auf den Kauf von Kraftstoff für ein Fahrzeug, das von Magoora im Rahmen eines Leasing-Vertrags verwendet wurde.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Art. 17 Abs. 2 Buchst. a und 6 der Sechsten Richtlinie in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung bestimmte zu dem im Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkt:
„(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;
…
(6) Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentatio...