Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit, Instandsetzungsarbeiten an einer Immobilie durch eine GmbH an den Gesellschafter bei vorheriger Einräumung eines dinglichen Nutzungsrechts an der Immobilie durch den Gesellschafter, Entgeltlichkeit, tauschähnlicher Umsatz
Leitsatz (amtlich)
Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass Dienstleistungen der Instandsetzung und Einrichtung eines Appartements als entgeltlich anzusehen sind, wenn sich der Erbringer dieser Leistungen nach dem mit dem Eigentümer dieses Appartements geschlossenen Vertrag zum einen verpflichtet, diese Dienstleistungen auf eigene Rechnung zu erbringen, und zum anderen das Recht erhält, über dieses Appartement zu verfügen, um es, ohne zur Zahlung von Mietzins verpflichtet zu sein, für die Dauer dieses Vertrags für seine wirtschaftliche Tätigkeit zu nutzen, während der Eigentümer das hergerichtete Appartement am Vertragsende zurückerhält.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1
Beteiligte
Direktor na Direktsia Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto - Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite |
Verfahrensgang
Administrativen sad Varna (Bulgarien) (Urteil vom 29.05.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 243/9) |
Tatbestand
„Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, 26, 62 und 63 ‐ Steuertatbestand ‐ Gegenseitige Leistungen ‐ Entgeltliche Umsätze ‐ Steuerbemessungsgrundlage eines Umsatzes, wenn die Gegenleistung aus Dienstleistungen besteht ‐ Überlassung des Rechts, Immobilien zu nutzen und an Dritte weiterzuvermieten, an eine Gesellschaft durch eine natürliche Person, wobei diese Gesellschaft im Gegenzug Dienstleistungen der Verbesserung und Einrichtung dieser Vermögensgegenstände erbringt“
In der Rechtssache C-283/12
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Varna (Bulgarien) mit Entscheidung vom 29. Mai 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juni 2012, in dem Verfahren
Serebryannay vek EOOD
gegen
Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Jarašiūnas (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters C. G. Fernlund,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova und Y. Atanasov als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und R. Lyal als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, 26, 62 und 63 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Serebryannay vek EOOD (im Folgenden: Serebryannay vek) und dem Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalna agentsia za prihodite (Direktor der Direktion „Anfechtung und Verwaltung des Vollzugs“ der Stadt Varna bei der Zentralverwaltung der Nationalen Agentur für Einnahmen, im Folgenden: Direktor) über einen Steuerprüfungsbescheid, durch den Serebryannay vek zur Zahlung von Mehrwertsteuer für den Monat Juli 2010 verpflichtet wurde.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
…
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;
…“
Rz. 4
Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:
„Einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt sind folgende Umsätze:
a) Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat;
b) unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke.“
Rz. 5
Art. 62 der Richtlinie lautet:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie gilt
(1) als ‚Steuertatbestand‘ der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden;
(2) als ‚Steueranspruch‘ der Anspruch auf Zahlung der Steuer, den der Fiskus kraft Gesetzes gegenüber dem Steuerschuldner von einem bestimmten Zeitpunkt an geltend machen kann, selbst wenn Zahlungsaufschub gewährt werden kann.“
Rz. 6
Nach Art. 63 der Mehrwertsteuerrichtlinie tret...