Schlagwörter
Einkommensteuer, Familienleistung, Kindergeld, Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Familienbonus, Österreich
Kläger
Beklagter
Rechtsfrage (Thema)
Antrag
Die Klägerin beantragt, der Gerichtshof möge
— feststellen, dass die Republik Österreich durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für Erwerbstätige, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 und Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sowie gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 verstoßen hat;
— feststellen, dass die Republik Österreich außerdem durch die Einführung eines Anpassungsmechanismus in Bezug auf den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für Wanderarbeitnehmer, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen hat;
Klagegründe und wesentliche Argumente
Österreich gewähre an Personen, die in Österreich arbeiten, für deren Kinder, in Form von einheitlichen Pauschalbeträgen, die Familienleistung und die soziale Vergünstigung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags sowie die steuerliche Vergünstigung des Familienbonus Plus, des Alleinverdienerabsetzbetrags, des Alleinerzieherabsetzbetrags und des Unterhaltsabsetzbetrags. Seit dem 1. Jänner 2019 sähen die österreichischen Regelungen vor, dass diese staatlichen Leistungen nach dem allgemeinen Preisniveau jenes Mitgliedstaates anzupassen seien, in dem sich das Kind ständig aufhalte.
Erster Klagegrund:
Die Kommission macht geltend, die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag seien eine Familienleistung im Sinne der Verordnung Nr. 883/2004. Artikel 7 und Artikel 67 dieser Verordnung verböten es, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen könne, dass die Familienangehörigen des Erwerbstätigen in dem die Leistungen erbringenden Mitgliedstaat wohnten. Durch die Einführung der Anpassung behandele Österreich Familienleistungen zugunsten von Kindern aber gerade danach, in welchem Mitgliedstaat die Kinder wohnten. Österreich verstoße dadurch gegen Artikel 7 und Artikel 67 der Verordnung Nr. 883/2004.
Zweiter Klagegrund:
Weiterhin macht die Kommission geltend, die Anpassung, wie sie Österreich eingeführt habe, stelle berechtigte Personen, deren Kinder in Mitgliedstaaten mit höherem Preisniveau wohnten, besser als Personen, deren Kinder in Österreich wohnten, wogegen Personen mit Kindern in Mitgliedstaaten mit niedrigem Preisniveau wohnen, schlechter behandelt würden. Anlässlich der Einführung der Anpassung ginge Österreich jedoch von einer Ersparnis im nationalen Budget aus, was nur bedeuten könne, dass es mehr Bezieher von solchen Leistungen und Vergünstigungen gebe, deren Kinder in Mitgliedstaaten mit niedrigerem Preisniveau als in Österreich wohnten.
Durch den Anpassungsmechanismus schaffe Österreich daher im Ergebnis eine mittelbare Diskriminierung zu Lasten von Wanderarbeitnehmern. Für diese Diskriminierung sei kein legitimes Ziel zu dessen Rechtfertigung zu erkennen. Österreich verletze daher, in Bezug auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag das Gleichbehandlungsgebot, wie es in Artikel 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und in Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 492/2011 enthalten sei, sowie, in Bezug auf den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag, das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 492/2011.
Normenkette
EGV 883/2004 Art. 7, 67, 4; EUV 492/2011 Art. 7 Abs. 2