Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, nach dem "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben", unmittelbare Wirkung zu, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?
2. Bei Bejahung der ersten Frage: Handelt es sich bei der "Einrichtung ohne Gewinnstreben" i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL um
- einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff oder
- sind die Mitgliedstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 i.V.m. § 55 AO (oder den §§ 51ff. AO in ihrer Gesamtheit) abhängig zu machen?
3. Falls es sich um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?
Normenkette
§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG, §§ 51ff. AO, Art. 132 Abs. 1 Buchst. m EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger ist ein Verein, dessen Gemeinnützigkeit streitig ist. Zweck des Vereins ist nach seiner Satzung die Pflege und Förderung des Golfsports. Dieser Zweck wird durch den Betrieb eines Golfplatzes verwirklicht.
Neben Mitgliedsbeiträgen, die das FA als Vergütung für eine nicht steuerbare Leistung ansah, vereinnahmte der Kläger Entgelte für weitere Leistungen. Dabei handelte es sich um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee), die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten, die Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte, die mietweise Überlassung von Caddys und um den Verkauf eines Golfschlägers.
Die streitigen Umsätze aus den Bereichen Greenfee, Ballautomat, Startgelder, Caddys und Verkauf hielt das FA für umsatzsteuerpflichtig. Für den Bereich der Startgelder für Veranstaltungen ergab sich dies daraus, dass das FA die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG mangels Gemeinnützigkeit des Klägers nach §§ 51ff. AO als nicht gegeben ansah. Die Gemeinnützigkeit verneinte das FA, da die Satzung des Klägers keine hinreichenden Regelungen zur Vermögensbindung aufwies. Es begründete dies auch mit dem Erwerb der Geschäftsanteile an einer GmbH. Das FA erließ entsprechend seiner Rechtsauffassung einen später geänderten Umsatzsteuerbescheid. Nach dem maßgeblichen Änderungsbescheid waren die Leistungen des Klägers in den Bereichen Greenfee, Ballautomat, Startgelder, Caddys und Verkauf umsatzsteuerpflichtig. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Demgegenüber gab das FG der Klage statt (FG München, Urteil vom 29.3.2017, 3 K 855/15, Haufe-Index 1089947, EFG 2017, 1030). Dabei ging das FG davon aus, dass es sich beim Kläger um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handele, die sich für die Steuerfreiheit der streitigen Umsätze auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen könne.
Entscheidung
Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die in den Leitsätzen formulierten Fragen zur Auslegung der MwStSystRL vor. Sollte der EuGH dabei entscheiden, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung zukommt, würde dies zu einer Änderung der BFH-Rechtsprechung führen. Für den nationalen Gesetzgeber entstünde dann wohl ein gesteigerter Handlungsbedarf, eine über § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG hinausgehende Steuerfreiheit für den Sportbereich zu schaffen. Unionsrechtlich wäre dies jedenfalls zulässig. Der Fall ist jetzt beim EuGH unter dem Az: C-488/18 als Rechtssache Golfclub Schloss Igling anhängig.
Hinweis
1. Bei der Besteuerung von Sportvereinen gehen Finanzverwaltung und Rechtsprechung eigenständige Wege, die nicht aufeinander abgestimmt sind.
a) Die Finanzverwaltung sieht die Leistungen, die Sportvereine an Mitglieder gegen Mitgliedsbeiträge erbringen, als nicht steuerbar an, sodass sich die Frage nach einer Steuerfreiheit insoweit nicht stellt. Eine Steuerfreiheit besteht im nationalen Recht nur eingeschränkt nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG. Sie erfasst aber nur sportliche Veranstaltungen, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Der Veranstalter muss eine Einrichtung sein, die gemeinnützigen Zwecken dient.
Leistungen, die ein Golfverein, z.B. bei der Einräumung der Nutzungsmöglichkeit einer Golfanlage gegen Greenfee oder der Überlassung von Golfbällen, gegen gesondertes Entgelt erbringt, sind danach steuerbar und mangels Steuerfreiheit auch steuerpflichtig.
b) Die Rechtsprechung sieht demgegenüber die Leistungen der Sportvereine an ihre Mitglieder auch insoweit als steuerpflichtig an, als die Vergütung...