1. Den Rechtssachen zugrunde liegende Sachverhalte
Es handelt sich um drei Vorlageverfahren, die im Kern die gleiche Fragestellung betreffen, deren zugrunde liegende Sachverhalte aber differieren. Im Verfahren XI R 11/23 geht es um die kostenfreie Nutzungsmöglichkeit eines Parkplatzes sowie um ein zubuchbares entgelterhöhendes/abwählbares entgeltminderndes Frühstück, im Verfahren XI R 13/23 um ein nichtabwählbares bzw. nicht entgeltminderndes Frühstück sowie im Verfahren XI R 14/23 um die Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen ohne gesonderte Entgeltberechnung bzw. ohne entgeltmindernde Abwählbarkeit.
Vor diesem Hintergrund lauten die Vorlagefragen: Sind Art. 24 Abs. 1 sowie Art. 98 Abs. 1 und 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 12 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG entgegenstehen, durch die ein Mitgliedstaat von der von ihm vorgesehenen Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, durch ein nationales Aufteilungsgebot Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen und mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind, auch dann ausnehmen darf, wenn es sich – wie hier (nur) bei der Bereitstellung von Parkplätzen – wie hier bei Frühstücksleistungen – wie hier mit der Bereitstellung von Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie eines hoteleigenen drahtlosen lokalen Netzwerks (W-LAN) – um unselbständige Nebenleistungen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden handelt?
2. Vorweggenommene Beurteilung von Vorfragen zur Einheitlichkeit der Leistung
Was mit Blick auf das Frühstück vor dem Hintergrund der allgemein geltenden Grundsätze zu Haupt- und Nebenleistungen erstaunlich ist, dass der XI. Senat des BFH im Fall eines preismindernden abwählbaren Frühstücks von einer Hauptleistung ausgeht, während im Fall der Nichtabwählbarkeit – wie bei den anderen Leistungen – eine Nebenleistung gegeben sein soll.
Unter Rekurs auf das EuGH-Urteil "Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie" vom 16.4.2015 zur Immobilienvermietung zieht der BFH zur Unterscheidung der Leistungen folgende Grundsätze heran:
- Eine Leistung ist nicht als Nebenleistung zur kurzfristigen Vermietung (Beherbergung von Fremden), sondern als Hauptleistung anzusehen, wenn sie der Mieter (hier: Hotelgast) einzeln – wie z.B. nach Anzahl der Frühstücksleistungen oder Parkdauer – hinzubuchen oder abwählen kann und sich hierdurch das Entgelt dementsprechend erhöht oder verringert. In einem solchen Fall seien Leistungen, die neben der Vermietung zur kurzfristigen Beherbergung erbracht werden, grundsätzlich als von dieser getrennt zu betrachten.
- Ist dagegen die neben der kurzfristigen Vermietung zur Beherbergung erbrachte Leistung so eng mit dieser verbunden, dass sie vom Leistungsempfänger weder hinzugebucht noch abgewählt werden kann, sei grundsätzlich von einer unselbständigen Nebenleistung zur Hauptleistung auszugehen, die das Schicksal der Hauptleistung teilt.
Diese Beurteilung begründet der BFH mit der Möglichkeit, dass Teile einer einheitlichen Leistung unter anderen Umständen getrennt erbracht werden; es gehöre zum Konzept des zusammengesetzten einheitlichen Umsatzes. Denn einer Nebenleistung sei es wesensimmanent, dass sie nicht stets im Gefolge der Hauptleistung auftritt und die Hauptleistung damit auch ohne Nebenleistung (und umgekehrt) erbracht werden kann. In diesem Zusammenhang zitiert der XI. Senat verwirrenderweise ein Urteil des V. Senats, in dem der BFH eine Garagenvermietung als Nebenleistung zur Wohnungsvermietung aufgrund eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs gesehen hat, obwohl der Vermieter mit dem Mieter einen gesonderten Mietvertrag (mit unterschiedlicher Kündigungsfrist) unter Ausweis von Umsatzsteuer geschlossen hatte. Selbst der XI. Senat stufte eine entgeltlich betriebene WC-Anlage im Rahmen eines Museumsbetriebs als Nebenleistung ein. Diese Urteile machen deutlich, dass eine Nebenleistung in einem bestimmten Kontext grundsätzlich eine Nebenleistung bleibt, unabhängig davon, ob ein gesondertes Entgelt bezahlt wird bzw. die Preise für die Bestandteile bestimmbar sind oder eben nicht, so dass die Ausführungen des XI. Senats zur Einheitlichkeit der Leistung nicht sehr überzeugend sind.
Indem der BFH das abwählbare preismindernde Frühstück mit diesem Ansatz als Hauptleistung ansieht, bedürfe es insoweit keines Rückgriffs auf das Aufteilungsgebogt des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG.
3. Zur Anrufung des EuGH in Bezug auf das nationale Aufteilungsgebot
Der vorlegende Senat ist sich seiner bisherigen Rechtsprechung aus 2013 und aus 2016, wonach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG auch insoweit unionsrechtskonform ist, als er ein Aufteilungsgebot für Leistungen normiert, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, nach Ergehen der EuGH-Urteile "Stadion Amste...