Steuersatz für der Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste

Der BFH hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Parkplatzgestellungen an Hotelgäste selbständige Hauptleistungen zu den ermäßigt zu besteuernden Übernachtungsleistungen sind und deshalb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen sind.

Gesetzliche Regelung

Die Steuer beträgt gemäß § 12 Abs. 1 UStG für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 % der Bemessungsgrundlage (sogenannter Regelsteuersatz). Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Dies gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.

Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Klägerin betrieb ein Hotel und Restaurant. Die Gäste des Hotels erhielten zur Übernachtung auch ein Frühstück, das mit jeweils 4,50 EUR verrechnet wurde, soweit ein Gast auf Anfrage nur eine Übernachtung ohne Frühstück in Anspruch nehmen wollte. Hotel und Restaurant verfügten über einen eigenen Parkplatz, der kostenfrei genutzt werden konnte.

Seit Juni 2018 wies die Klägerin für Übernachtung, Frühstück und Parkplatz als einheitliche Leistung den ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Sie erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juni 2018 bis Mai 2019 dementsprechende Umsätze.

Nach zwei Außenprüfungen bei der Klägerin für die Monate April 2018 bis Juni 2018 sowie Juli 2018 bis Mai 2019 vertrat die Prüferin die Auffassung, die Leistungen für Frühstück und Parkplatz seien mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu besteuern. Bei einer geschätzten Auslastung des Hotels von 70% seien für das Frühstück 4,50 EUR und für den Parkplatz 1,50 EUR anzusetzen. Hinsichtlich des Parkplatzes nahm die Prüferin für Reisegruppen, Familien und Gäste ohne Fahrzeug einen Abschlag von 20 % vor.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2018 ein. Die darin erklärten Umsätze zu 7 % und 19 % entsprachen denen, die den Bescheiden über die Umsatzsteuervorauszahlungen zugrunde lagen. Das FA wies die Einsprüche als unbegründet zurück.

Klage war erfolglos

Das Sächsische FG wies die Klage ab. Es entschied, das Frühstück und die Parkplatzgestellungen seien keine Nebenleistungen zur Beherbergung, sondern selbständige Hauptleistungen. Aber selbst dann, wenn diese Leistungen unselbständige Nebenleistungen zu den ermäßigt zu besteuernden Übernachtungsleistungen wären, habe das FA die Umsätze zu Recht aufgeteilt. Frühstück und Parkplatz gehörten zu den Leistungen, die im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht unmittelbar der Vermietung dienten und deshalb von der Steuerersatzmäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ausgenommen seien. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG sei mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar.

Begründung der Revision

Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, sowohl das Frühstück als auch die Bereitstellung von Parkplätzen seien jeweils unselbständige Nebenleistungen zur Beherbergungsleistung. Das in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG enthaltene Aufteilungsgebot sei unionsrechtswidrig. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe mit seinem Urteil Stadion Amsterdam vom 18.1.2018, C-463/16, EU:C:2018:22 ein Verbot der künstlichen Aufteilung in Haupt- und Nebenleistung und Besteuerung zu unterschiedlichen Steuersätzen ausgesprochen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2018 und die Bescheide über Umsatzsteuervorauszahlungen für Januar 2019 bis Mai 2019, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung, dahingehend zu ändern, dass die Leistungen für Frühstück und Parkplatzüberlassung mit 7 % besteuert werden.

Entscheidung: BFH hat das Verfahren ausgesetzt und folgende Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt

Sind Art. 24 Abs. 1 sowie Art. 98 Abs. 1 und 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 12 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG entgegenstehen, durch die ein Mitgliedstaat von der von ihm vorgesehenen Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, durch ein nationales Aufteilungsgebot Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen und mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind, auch dann ausnehmen darf, wenn es sich hierbei – wie hier (nur) bei der Bereitstellung von Parkplätzen – um unselbständige Nebenleistungen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden handelt?

Ausführungen des BFH zur Einheitlichkeit der Leistung

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei dem Frühstück um eine selbständige Hauptleistung handelt, während seine tatsächliche Würdigung, auch die Parkplatzgestellung sei eine selbständige Hauptleistung, revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhält.

Eine Leistung ist nicht als Nebenleistung zur kurzfristigen Vermietung (Beherbergung von Fremden), sondern als Hauptleistung anzusehen, wenn sie der Mieter (hier: Hotelgast) einzeln – wie zum Beispiel nach Anzahl der Frühstücksleistungen oder Parkdauer – hinzubuchen oder abwählen kann und sich hierdurch das Entgelt dementsprechend erhöht oder verringert. In einem solchen Fall sind Leistungen, die neben der Vermietung zur kurzfristigen Beherbergung erbracht werden, grundsätzlich als von dieser getrennt zu betrachten.

Frühstück als selbständige Leistung

Das FG hat nach den vorgenannten Grundsätzen zu Recht angenommen, dass hinsichtlich des Frühstücks, das vom Gast gegen Verrechnung eines Gegenwerts in Höhe von 4,50 EUR jeweils abgewählt werden konnte, eine selbständige Leistung vorliegt. Da diese selbständige Leistung nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG fällt (und im Streitzeitraum § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG – aktuelle Fassung – nicht galt), ist auf das Frühstück im Streitfall der Regelsteuersatz anzuwenden, unabhängig von der Antwort auf die in diesem Verfahren dem EuGH vorgelegte Frage. Eines Rückgriffs auf das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG bedarf es insoweit nicht.

Überlassung von Parkplätzen als Nebenleistung

Dagegen handelt es sich bei der Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste im Streitfall um eine Nebenleistung zur Beherbergungsleistung, da sie weder hinzugebucht noch abgewählt werden konnte. Sie ist im Streitfall mit der Hauptleistung (Beherbergung) untrennbar verbunden und hat im Streitfall für den Hotelgast keinen eigenen Zweck. Hierfür spricht ‑ anders als das FA und das FG meinen ‑ insbesondere, dass die Klägerin in keiner Weise danach differenziert, wie der Gast angereist ist.

Ausführungen des BFH zur Anrufung des EuGH in Bezug auf das nationale Aufteilungsgebot

Die im Ausgangsverfahren zu beurteilende Bereitstellung von Parkplätzen gehört nach der Rechtsprechung des BFH zu den Leistungen, die unter das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG fallen und deshalb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen sind. Das in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG normierte Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, hat der vorlegende Senat bisher als unionsrechtskonform angesehen. Daran hält er fest.

Der vorlegende Senat ist allerdings der Auffassung, dass aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des EuGH kein "acte clair" im Sinne des Art. 267 AEUV mehr vorliegt. Es ist nicht im Sinne eines "acte clair" zweifelsfrei, dass diese Deutung der Rechtsprechung des EuGH durch den Senat zutreffend ist.

Der EuGH hat in Rz 33 des Urteils Stadion Amsterdam vom 18.1.2018, C-463/16, EU:C:2018:22 ausgeführt, dass eine einheitliche Leistung, die aus zwei separaten Bestandteilen, einem Haupt- und einem Nebenbestandteil, besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gälten, nur zu dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist, der sich nach dem Hauptbestandteil richtet, und zwar auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils, der in den vom Verbraucher für die Inanspruchnahme dieser Leistung gezahlten Gesamtpreis einfließt, bestimmt werden kann.

Diese Formulierung könnte auch dahin verstanden werden, dass bei einheitlichen Leistungen Steuersatzunterschiede jeglicher Art unionsrechtlich verboten sind. Bei dieser Sichtweise könnte § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unionsrechtswidrig sein. Der Grundsatz, dass die unselbständige Nebenleistung stets das Schicksal der Hauptleistung zu teilen hat, könnte das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG verdrängen.

Hinweis: In zwei weiteren Vorabentscheidungsersuchen zum Aufteilungsgebot mit grundsätzlich gleicher Vorlagefrage geht es

  • zum einen um die Frage, ob der ermäßigte Steuersatz auch auf Umsätze auf Frühstücksleistungen im Rahmen einer Fremdenpension anzuwenden ist (BFH, Beschluss v. 10.1.2024, XI R 13/23 (XI R 7/21) und
  • zum anderen, ob der ermäßigte Steuersatz auch auf Umsätze aus der Parkplatzgestellung , der Gestellung von Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie eines hoteleigenen drahtlosen lokalen Netzwerks (W-LAN) im Rahmen einer Hotelübernachtung anzuwenden ist (BFH, Beschluss v. 10.1.2024, XI R 14/23 (XI R 22/21); jeweils ebenfalls veröffentlicht am 13.6.2024.

BFH, Beschluss v. 10.1.2024, XI R 11/23 (XI R 34/20); veröffentlicht am 13.6.2024

Alle am 13.6.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen


Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Steuersatz