Für das erste Gespräch muss sich der Steuerberater ausreichend Zeit nehmen, vor allem, wenn er den künftigen Existenzgründer nicht bereits als Mandanten z. B. im Zusammenhang mit der Fertigung dessen Einkommensteuererklärung mit Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit kennt.
1.1 Ermittlung der Motivation
Um Klarheit über dessen Eignung als Existenzgründer zu bekommen, sollte der Steuerberater den Mandanten nach dessen persönlicher Lebensplanung und seinen Grundwerten fragen, z. B. welchen Rang für den Gründer Familie, Einkommen, Wohnort, Sicherheit, Autonomie, Sozialprestige und Anerkennung einnehmen.
Aktuelle Frustrationen im Beruf oder die Arbeitslosigkeit sind sicherlich keine geeigneten Gründe, sich selbstständig zu machen, ebenso wenig die Hoffnung, möglichst schnell wohlhabend zu werden. Auf der anderen Seite können eine eigene und neue Unternehmens-Idee sowie eine günstige Gelegenheit (Kaufangebot eines Unternehmens) für die Existenzgründung sprechen.
1.2 Prüfung der Geschäftsidee
Geschäftsideen und Unternehmenskonzepte für die Existenzgründung in den Bereichen Dienstleistung, Gastronomie, Online-Handel sowie den traditionellen Handel etc. werden teilweise über das Internet zum Kauf angeboten.
Der Steuerberater sollte zunächst die Geschäftsidee sachlich beurteilen. Existenzgründer sehen die Chancen ihrer Geschäftsidee oft zu euphorisch und können die Risiken häufig nicht realistisch einschätzen.
Wichtig ist auch, dass die Geschäftsidee zum Existenzgründer passt, also seinen persönlichen Fähigkeiten, Neigungen und Möglichkeiten entspricht.
Irgendwelchen angeblichen Trends nacheifern sollten Gründer nicht. Auch bei Konzepten im Wege des Franchisesystems ist Vorsicht geboten: Der Franchisegeber ist vor allem an seinen Gebühren und nicht unbedingt auf Dauer am Schicksal der Franchisenehmer interessiert.
Für eine Geschäftsidee spricht, wenn sie einen klaren Kundennutzen aufweist, innovativ ist, ein ausreichend großer Markt existiert und machbar und gleichzeitig profitabel ist. Der Schlüssel zum Markterfolg sind zufriedene Kunden.
Gründer sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass die Kontakte, die der Gründer an seinem ehemaligen Arbeitsplatz zu Kunden hatte, oft in seiner Position und nicht immer in seiner Person begründet waren. Weiß der Existenzgründer von einer geplanten Betriebsaufgabe seines Arbeitgebers kann es natürlich vorteilhaft sein, rechtzeitig ein Unternehmen mit dem gleichen Geschäftszweck zu gründen, um Kunden mitzunehmen.
Zwingend muss vor einer etwaigen positiven Aussage zur Geschäftsidee der Mandant darauf hingewiesen werden, dass eine Marktanalyse durchgeführt wird.
Schutzrechte
Ggf. muss sich der Existenzgründer seine Geschäftsidee schützen lassen durch Patente und Markenrechte. Zu beachten ist, dass Schutzrechte allein keine Garantie für wirtschaftlichen Erfolg bieten. Gründer dürfen auch nicht vergessen, dass sie umgekehrt auch Patente oder Marken Dritter beachten müssen.
1.3 Abfrage des Profils des Existenzgründers/Stärken-Schwächen-Analyse
Der Steuerberater sollte den Mandanten bitten, sich möglichst konkret vorzustellen, wie er sich Tag für Tag im Wettbewerb am Markt neu behaupten muss und welche Stärken und Schwächen er z. B. im Vergleich zu konkreten Konkurrenten hat, und zwar sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Dies kann zunächst in Form eines Brainstormings oder mithilfe einer Mindmap erfolgen. Am Ende sollte eine klar strukturierte Stärken-Schwächen-Analyse stehen.
1.3.1 Persönlichkeit des Existenzgründers
Die entscheidenden Schlüsselworte für den Erfolg sind nach Auffassung von Fachleuten Leistungsmotivation, persönliche Kompetenz und Persönlichkeit. Dabei ist das reine Fachwissen, d. h. berufsrelevante Erfahrungen, Kenntnisse und Qualifikationen, nicht allein entscheidend. Ebenso wichtig sind Motivation und Engagement, d. h. Enthusiasmus und Biss für die angestrebte Aufgabe/Position sowie Lernfähigkeit, Einsatz- und Arbeitswilligkeit. Der Rest hängt von seiner Persönlichkeit ab, davon, ob er die sog. "Soft Skills" besitzt.
Die Bereitschaft selbst und ständig zu arbeiten, muss hinterfragt werden, ebenso wie der Gründer mit unregelmäßigen Einnahmen fertig werden wird.
Erfolgreiche Unternehmer gibt es auch in sog. schlechten Zeiten und auch in schlechten Branchen. Erfolgreiche Unternehmer handeln alle nach dem Prinzip "anders als alle anderen" und nicht "wie alle anderen", denken positiv, haben eine Siegermentalität (es gibt immer eine Lösung) und besitzen ausgeprägte Fähigkeiten, sich veränderten Bedingungen schnellstmöglich anzupassen. Sie übernehmen Selbstverantwortung, können Mitarbeiter führen. Kommt es zu Konflikten, sollten Unternehmer nicht zurückstecken, keine Schwäche zeigen und die eigene Position deutlich und entschieden vertreten, von Zeit zu Zeit auch autoritär sein.
1.3.2 Fachliche Voraussetzungen des Gründungswilligen
An der fachlichen Qualifikation mangelt es bei den Existenzgründern meist nicht. Dafür umso mehr an kaufmännischen und unternehmerischen Kenntnissen. Eine Branchenerfahrung als ehemaliger Arbeitnehmer kann der Schlüssel zum Erfolg sein.
Meisterbrief
Für eine Selbstständigkeit reichen die Kenntnisse aus der ersten Berufsausbildung u. U. nich...