Beratung eines Existenzgründers
Steuerberater Stefan Steuermann (S) hat in seiner Kanzlei eine wöchentliche "Existenzgründersprechstunde" eingerichtet, in der Existenzgründer ein kostenloses Erstgespräch über ihr geplantes Gründungsvorhabens führen können.
Manfred Muster (M) ist derzeit angestellter Meister in einem größeren Handwerksbetrieb. Er möchte sich jedoch demnächst selbstständig machen. M ist zwar bekannt, dass Berufsorganisationen (Kammern und Verbände) teilweise kostenlose Beratungen für Existenzgründer anbieten. Da sein Arbeitgeber in diesen Berufsorganisationen jedoch persönlich stark engagiert ist, möchte sich M im Interesse der Geheimhaltung mit seinen Vorüberlegungen nicht an diese Institutionen wenden. Er hat deshalb einen Termin in der Existenzgründersprechstunde von S vereinbart.
In einem 1-stündigen Erstgespräch schildert M sein Vorhaben, und S informiert ihn über die erforderlichen Schritte bei einer Existenzgründung. S stellt ferner den Ablauf einer Existenzgründungsberatung in seiner Kanzlei dar und weist auf die Förderung der Gründungsberatung durch Beratungskostenzuschüsse hin. Schließlich vereinbaren M und S die Durchführung einer Gründungsberatung mit weiteren Beratungsgesprächen sowie die Beantragung der angesprochenen Beratungskostenzuschüsse.
Zur Vorbereitung des nächsten Gesprächs gibt S dem M eine Checkliste mit, in der alle Unterlagen aufgeführt sind, die M vor dem nächsten Gespräch in der Kanzlei einreichen oder spätestens zum nächsten Termin mitbringen soll. S bittet M insbesondere, das Unternehmenskonzept in Dateiform zur Verfügung zu stellen, damit erforderliche Änderungen während des zweiten Gesprächs sofort eingearbeitet werden können.
Abschließend weist S den M auf mögliche Informationsquellen und Fundstellen zur Datenbeschaffung hin.
Zwei Wochen später findet ein ausführliches Beratungsgespräch zwischen M und S statt. S nutzt für dieses Gespräch seine Checklisten zur Existenzgründerberatung, um sicherzustellen, dass keine wichtigen Punkte vergessen werden. Für die Beantragung der Beratungskostenzuschüsse hat sich S darüber informiert, welche inhaltlichen und formalen Anforderungen die Förderstelle an Beratungsberichte stellt
Im zweiten Gespräch geht es insbesondere um
- Marktanalyse,
- Konkurrenzanalyse,
- Unternehmenskonzept,
- Finanzierung.
Diese Punkte werden anhand der von M mitgebrachten Unterlagen und unter Einsatz der von S üblicherweise eingesetzten Checklisten besprochen. Gemeinsam erstellen M und S einen Investitions- und Kapitalbedarfsplan. Dabei wird auch die voraussichtliche Höhe der "Vorlaufkosten" diskutiert, d. h. derjenigen laufenden Kosten, die anfallen, bevor die ersten Umsatzerlöse vereinnahmt werden und die deshalb vorfinanziert werden müssen (z. B. Kosten der Markteinführung, Kosten der Gründung usw.).
S und M ermitteln einen Investitionsbedarf i. H. v. insgesamt 100.000 EUR (für Maschinen, Fuhrpark, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Betriebsmittel und Vorlaufkosten). Dieser Kapitalbedarf kann durch Eigenkapital i. H. v. 30.000 EUR sowie durch ein (zinsgünstiges) Verwandtendarlehen i. H. v. 50.000 EUR gedeckt werden, sodass sich noch ein Finanzierungsbedarf und damit eine Darlehensaufnahme von 20.000 EUR ergeben würde. Um eine derartige Kreditaufnahme und entsprechende Bankgespräche zu vermeiden, entscheidet sich M, das erforderliche Firmenfahrzeug nicht (wie ursprünglich geplant) für 30.000 EUR zu kaufen, sondern das Fahrzeug zu leasen. Auf diese Weise würde sich der Kapitalbedarf von 100.000 EUR auf 70.000 EUR reduzieren und könnte folglich vollständig durch das vorhandene Eigenkapital und das Verwandtendarlehen gedeckt werden. Es würde sich in diesem Fall sogar noch eine Liquiditätsreserve von 10.000 EUR ergeben.
Sodann werden die von M aufgeführten privaten Lebenshaltungskosten diskutiert. S fällt auf, dass M die Aufwendungen zur Risiko- und Altersvorsorge relativ niedrig angesetzt hat und bittet M daher, diese Positionen (im Interesse einer angemessenen Absicherung) nochmals zu überdenken.
M uns S wenden sich dann der Umsatz- und Rentabilitätsvorschau zu. Hier fühlte sich M eindeutig überfordert. Zur Erstellung einer Rentabilitätsvorschau verwendet S das Schema einer GuV oder einer BWA. Das Existenzgründungsvorhaben wird in diesem Fall am Jahresüberschuss bzw. Betriebsergebnis beurteilt.
Entscheidend für die Erfolgsaussichten einer Existenzgründung ist jedoch auch die Liquiditätssituation des Unternehmens. M muss in der Lage sein, auch die Tilgungsleistungen und die privaten Lebenshaltungskosten (Privatentnahmen) aus den Erträgen des Unternehmens zu decken. Daher setzt S in der Gründungsberatung auch eine Liquiditätsberechnung ein, bei der ausgehend von vorhandenen Guthaben alle Einnahmen und Ausgaben eingesetzt werden (und bei der folglich auch Tilgungen, Privatentnahmen und vorhandene Liquiditätsreserven berücksichtigt werden). S verwen...