1. Eigenschaft des Auftraggebers/Kunden
Informationsbeschaffung: Weiter stellt sich die Frage, wie der Dienstleister, der den Transport ins Drittland durchführt, wissen soll, ob derjenige, der ihm den Transportauftrag erteilt, "liefernder Unternehmer" oder "Abnehmer des Gegenstandes" ist (wenn man einmal außen vor lässt, dass lt. EuGH auch die Leistungen an den "Ausführer" etc. steuerfrei sein können).
Beispiel "unterschiedliche Rollen": Wird der Frachtführer F z.B. von der Möbelexport GmbH (ME) in Köln damit beauftragt, Waren im Lager in Dormagen abzuholen und in die Schweiz zu befördern, kann es sein, dass die M.E. "liefernder Unternehmer" ist. Es ist aber auch möglich, dass M.E. lediglich eine Logistikgesellschaft ist, die zum Möbelkonzern gehört und von den anderen Konzerngesellschaften (z.B. der Wohnmöbel GmbH, der Küchen-GmbH, der Möbelhandel GmbH etc.) mit der logistischen Abwicklung der Liefervorgänge betraut ist, die Waren also nicht selbst "liefert".
Beispiel "mehrere Rollen": Möglich ist sogar, dass M.E. teils die Waren von den anderen Konzerngesellschaften kauft und an Kunden im Drittland weiterverkauft (dann wäre sie "liefernder Unternehmer"), teils lediglich im Auftrag der anderen Konzerngesellschaften für die logistische Abwicklung zuständig ist (dann wäre sie nicht "liefernder Unternehmer"). Diese Konstellation ist im Online-Handel nicht unüblich: Ein Anbieter verkauft Waren im eigenen Namen; gleichzeitig können aber auch andere Händler über sein Portal Waren handeln.
Prüfung und Belegnachweis: Um festzustellen, ob er steuerfrei abrechnen kann (wenn M.E. "liefernder Unternehmer" oder "Abnehmer" ist) oder nicht (wenn M.E. als reiner konzerninterner Logistikdienstleister agiert), muss F also (je Transportvorgang) ermitteln, welche Konstellation vorliegt. Rechnet er steuerfrei ab, weil er M.E. für den "liefernden Unternehmer" hält, muss er dies nach Ansicht der Finanzverwaltung (Abschn. 4.3.4. Abs. 3 Satz 7 UStAE) durch Belege nachweisen.
2. Nachweis durch Begleitpapiere
Prüfung durch den Dienstleister: F könnte versuchen, diesen Nachweis mittels der Handelspapiere, die die Waren begleiten, zu führen. Die Angaben könnten sich z.B. aus Rechnungskopien, Lieferscheinen oder Ausfuhranmeldungen ergeben. Dann müsste er allerdings diese Belege alle durchsehen und prüfen, ob eine vertragliche Beziehung mit dem eigentlichen Versender (Empfänger, Ausführer, Einführer) besteht oder nicht.
Grenzen des manuellen Abgleichs und Automatisierung: Ein manueller Abgleich dürfte bei z.B. mehreren tausend Aufträgen im Monat – sofern überhaupt durchführbar – allerdings wohl eher kostspielig und fehleranfällig sein. Überdies dann, wenn M.E. nicht der einzige Kunde von F ist, F also von verschiedenen Kunden mehrere zigtausend Transportaufträge im Monat erhält. Bei einem größeren Geschäftsumfang mit einem Kunden müsste diese Prüfung daher automatisiert ablaufen, d.h. F müsste die Angaben über den Ausführer, Lieferanten etc. in seinen Systemen haben und die Findung des Steuerschlüssels hieran koppeln.
Grenzen der automatisierten Prüfung: Die Möglichkeit, eine derart verzweigte Prüfung systemtechnisch abbilden zu können, wird in der Praxis allerdings wohl ein Ausnahmefall sein. Üblicherweise werden für die Steuerfindung lediglich die fest hinterlegten Daten des Geschäftspartners herangezogen, die man bestenfalls um die (Versender-)Eigenschaft des letzteren ergänzen könnte (s. hierzu unten VII.3.; die eigentliche Aufgabe, die Übereinstimmung mit den Handelspapieren zu prüfen, wird damit allerdings nicht gelöst). Darüber hinaus wäre selbst eine automatisierte Prüfung bei vielen verschiedenen – auch wechselnden – Kundenbeziehungen recht aufwendig.
Fehleranfälligkeit: Außerdem verbliebe das Risiko, dass die Begleitpapiere unzutreffende Angaben enthalten, bei F, da er die Richtigkeit der Angaben in ihnen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der verbleibenden rechtlichen Unklarheiten – nicht nachprüfen kann und gar nicht zwingend gesagt ist, dass z.B. die in der Rechnung genannten Lieferanten und Abnehmer auch "liefernder Unternehmer" bzw. "Empfänger" i.S.d. Abschn. 4.3.4. Abs. 3 Satz 2 UStAE sind.
3. "Erklärung über die Versendereigenschaft"
Bestätigung des Kunden: Alternativ könnte sich F für jeden Transport von M.E. mitteilen lassen, ob diese "liefernder Unternehmer" ist oder nicht. Abschn. 4.3.4. Abs. 3 Satz 7 UStAE nennt ausdrücklich beispielhaft eine "beleghafte Erklärung über eine Versendereigenschaft". Insbesondere bei festen Kundenbeziehungen könnten also die Kunden, die immer als "liefernde Unternehmer" Waren ins Drittland versenden, dem F bestätigen, dass sie stets als solche handeln. Damit liegen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die das BMF fordert, für alle für diese Kunden ausgeführten Transporte ins Drittland vor.
Vertrauensschutz: F genießt dann auch in den Fällen Vertrauensschutz, in denen sich herausstellt, dass die Angaben des Kunden ...