Prof. Dr. Christoph Eisl, Prof. Dr. Heimo Losbichler
Je öfter Informationen in gleicher Form präsentiert werden, desto schneller und einfacher wird die Wahrnehmung durch den Berichtsempfänger. Das lässt sich durch das Bilden von und Zurückgreifen auf Schemen im Langzeitgedächtnis erklären (vgl. Ausführungen zur menschlichen Wahrnehmung in Kapitel 1.2).
Tipp: Standardisieren Sie Ihr Reporting Design, um Wiedererkennung zu unterstützen, und Lerneffekte zu generieren.
Durch ein einheitliches, durchgängiges, regelbasiertes sowie dokumentiertes Design (festgelegt in Handbuch oder Guideline) werden Lerneffekte gefördert und Vertrauen in das Reporting aufgebaut. Dadurch benötigt der Berichtsempfänger weniger kognitive Ressourcen zum Lesen der Berichte und kann mehr Energie darauf verwenden, Entwicklungen einzuschätzen, Vergleiche anzustellen und den Bericht zu interpretieren.
In Eye-Tracking-Experimenten konnte festgestellt werden, dass bereits nach fünf Wiedervorlagen des Berichts eine deutliche Effizienzsteigerung eintritt. Die Geschwindigkeit für Informationsaufnahme und -interpretation steigt und es können mehr Informationen verarbeitet werden, bevor der Entscheidungsträger überlastet wird. Dabei gilt: Je unbekannter die Visualisierungsformen für die Entscheidungsträger sind, desto stärker ist die Bedeutung der Erfahrung. Abb. 31 veranschaulicht den Erfahrungseffekt bei Inbar-Charts nach mehreren Berichtsvorlagen und zeigt, dass sich das Leseverhalten über den Testzeitraum ändert. Wurde das Farbkonzept verinnerlicht, so wird die entsprechende Legende nach einer gewissen Zeit nicht mehr benötigt, um die Datenreihen richtig zuordnen zu können (im rechten Scanpath wird die Legende nicht mehr betrachtet). Dementsprechend reduziert sich die benötigte Zeit, um die Fragen zu beantworten. Das gedankliche Speichern der Lesestrategie hilft also dabei, Berichtsinhalte schneller identifizieren und begreifen zu können.
Abb. 31: Erfahrungseffekt bei Inbar-Diagrammen
Die Anwendung eines einheitlichen Designs sollte sich nicht auf das Standardberichtswesen beschränken, sondern auch für Ad-hoc-Berichte herangezogen werden (bei gleichbleibender bzw. annähernd gleichbleibender Zielgruppe).
Tipp: Entwickeln Sie einen Standard, der zu den spezifischen Anforderungen Ihres Unternehmens passt. Verwenden Sie Ihre Reporting Design-Guideline auch für Ad-hoc-Berichte und Präsentationen.
Die Entwicklung eines weltweiten Reporting-Design-Standards in Form der IBCS (International Business Communication Standards) ist eine radikale Form der Standardisierung, bei der jedoch die Unterschiede in der menschlichen Informationsverarbeitung unberücksichtigt bleiben.
Es wurde bereits in Kapitel 1.5 gezeigt, dass eine unternehmensspezifische Ausgestaltung beim internen Berichtswesen wichtig ist, um zu einer für die jeweiligen Berichtsempfänger tatsächlich wahrnehmungsoptimierten Lösung zu kommen. In der Praxis gilt es, eine optimale Lösung im Spannungsfeld zwischen den Vorteilen der Standardisierung und einer Anpassung an die individuellen Anforderungen bzw. Voraussetzungen der Berichtsempfänger zu finden. Mit der Forderung nach Standardisierung sind daher in diesem Leitfaden unternehmensindividuell angepasste Standards gemeint.