Soll nach einer bestandskräftigen Ablehnungsentscheidung ein erneuter Änderungsantrag gestellt werden, stellen sich mithin die folgenden Fragen: Liegt ein neuer Sachverhalt vor und, falls das nicht der Fall ist, kann der Sachverhalt dennoch zumindest im Rahmen des § 177 AO (Saldierung materieller Fehler) erneut aufgegriffen werden?
Ausschluss identischer Änderungsanträge: Da Bestandskraft und Rechtskraft des Ablehnungsbescheids einem erneuten Änderungsantrag nur insoweit entgegenstehen, als dieser inhaltlich identisch und unverändert ist, sind inhaltlich abweichende Änderungsanträge weiterhin möglich. Es ist deshalb erforderlich, den Inhalt des Ablehnungsbescheids zu bestimmen, wobei der Bescheidtenor ("Der Antrag wird abgelehnt.") für die Auslegung des Inhalts des Ablehnungsbescheids entsprechend §§ 133, 157 BGB isoliert betrachtet regelmäßig nicht sehr ergiebig sein wird. Es müssen deshalb der abgelehnte Änderungsantrag und die Ablehnungsgründe in die Auslegung einbezogen werden. Entscheidend ist, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen und nach seinem objektiven Verständnishorizont den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (FG Köln v. 19.1.2022 – 2 K 2932/18, juris, m.w.N.).
Wird der Änderungsantrag schon vor Eintritt der Bestandskraft der Ablehnungsentscheidung wiederholt wird, kann die Bestandskraft dem neuerlichen Antrag nicht entgegengehalten werden. Vielmehr dürfte eine Auslegung nach § 357 Abs. 1 S. 3 AO als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid in Betracht kommen, um eine – theoretische – unendliche Aneinanderreihung von Änderungsanträgen zu vermeiden und nur einmal im Antragsverfahren verbindlich zu entscheiden.
Wirkung auch im Rahmen des § 177 AO: Ist der Sachverhalt identisch, steht die Rechtskraft einer vorausgegangenen gerichtlichen Ablehnungsentscheidung auch einer Mitberichtigung über § 177 AO entgegen. Die Rechtskraft wirkt hier als "negative Änderungsvoraussetzung" (Ratschow in Gräber, FGO, § 110 Rz. 23). Soweit die Rechtskraft reicht, verbietet sich sowohl eine selbständige Korrektur als auch eine Fehlersaldierung nach § 177 AO (BFH v. 26.11.1998 – IV R 66/97, BFH/NV 1999, 788). Für eine "nur" bestandskräftige Entscheidung des FA dürfte nichts anderes gelten. Hier fehlt es zwar an einer gerichtlichen Bestätigung der behördlichen Ablehnungsentscheidung. Ist sie bestandskräftig geworden, ist sie aber eben nicht mehr gerichtlich überprüfbar, mithin auch nicht mehr korrigierbar.