Leitsatz
Die zivilrechtlichen Grundsätze über fehlerhafte Personengesellschaftsverhältnisse einschließlich derjenigen über den fehlerhaften Beitritt zu einer Personengesellschaft sind auch im Grunderwerbsteuerrecht zu beachten.
Normenkette
§ 1 Abs. 2a GrEStG
Sachverhalt
Der im Dezember 1994 gegründeten Klägerin, einer GbR mit Grundbesitz, wollte noch im selben Jahr ein zusätzlicher Gesellschafter mit einer vermögensmäßigen Beteiligung von 99,58% beitreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag bedurfte der Beitritt der notariellen Beurkundung. Obwohl dieses Formerfordernis zunächst nicht beachtet worden war, leistete der neue Gesellschafter seine Einlage und wurde so behandelt, als sei er bereits wirksam beigetreten. Erst im September 1997 wurde die notarielle Beurkundung nachgeholt, um seine Eintragung im Grundbuch zu erreichen.
Das FA war der Ansicht, mit der notariellen Beurkundung des Beitritts sei der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt worden. Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Gesellschafterbeitritt sei der Gesellschafter spätestens mit der Leistung seiner Einlage und damit zu einem Zeitpunkt beigetreten, an dem es den § 1 Abs. 2a GrEStG noch nicht gab. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der Klägerin statt. Auch ein fehlerhaft vollzogener Beitritt zu einer Personengesellschaft ist regelmäßig nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar (BGH-Urteile in NJW 2000, 3558 sowie in BGHZ 153, 214). Bis zur Geltendmachung des Fehlers ist der vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam. Ein Beitritt ist vollzogen, wenn Tatsachen geschaffen worden sind, an denen die Rechtsordnung nicht vorbeigehen kann. Dies ist der Fall, wenn der Beitretende Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat. Diese zivilrechtlichen Grundsätze sind schon deshalb auch für die GrESt maßgeblich, weil die Besteuerungstatbestände des GrEStG grundsätzlich an das Zivilrecht anknüpfen.
Hinweis
§ 1 Abs. 2a GrEStG ist gem. § 23 Abs. 3 GrEStG erstmals auf Rechtsgeschäfte anzuwenden, die die Voraussetzungen der Norm nach dem 31.12.1996 erfüllen. Vor 1997 unterlag nur der vollständige Wechsel im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft der GrESt, und zwar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 Abs. 1 AO. Dabei musste die Personengesellschaft auf das Halten des Grundbesitzes beschränkt sein.
Der vollständige Gesellschafterwechsel bei einer werbenden Personengesellschaft mit Grundbesitz wurde nicht besteuert. Bezogen auf eine solche Gesellschaft ließ sich nicht sagen, mit dem vollständigen Gesellschafterwechsel sei die Übertragung der gesellschaftseigenen Grundstücke umgangen worden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.10.2004, II R 54/02