Leitsatz

Das FA ist berechtigt, in einem laufenden Insolvenzverfahren einen USt-Bescheid zu erlassen, in dem eine negative USt für einen Besteuerungszeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt wird, wenn sich daraus keine Zahllast ergibt.

 

Normenkette

§ 251 Abs. 2 S. 1 AO, § 87, § 89 InsO, § 240 ZPO

 

Sachverhalt

Die spätere Gemeinschuldnerin gab für das Streitjahr 2005 USt-Voranmeldungen ab, aus denen sich eine als Vorsteuer abziehbare USt von 1 052 EUR ergab. Im Juni 2006 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Mit Bescheid vom 26.07.2006 setzte das FA die USt für die Gemeinschuldnerin im Weg der Schätzung auf ./. 1 052 EUR fest.

Das FG gab der Klage der Insolvenzverwalterin statt: Auch die Festsetzung einer negativen USt sei nach § 251 Abs. 2 AO während des Insolvenzverfahrens unzulässig und das Verfahren werde analog § 240 ZPO unterbrochen (Sächsisches FG, Urteil vom 23.04.2007, 3 K 90/07, Haufe-Index 1834122, EFG 2008, 99).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Nach § 87 InsO, der über die Verweisung in § 251 Abs. 2 S. 1 AO auch im Steuerrecht zu beachten ist, können die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

Der BFH hat daraus abgeleitet, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Steuerbescheide nicht mehr ergehen dürfen, wenn darin Insolvenzforderungen festgesetzt werden (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 10.12.2008, I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, m.w.N.) oder solche Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, die die Höhe der zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen können (BFH, Urteil vom 02.07.1997, I R 11/97, BFH/NV 1998, 241).

2. Diese Voraussetzungen sind bei der Festsetzung einer negativen USt nicht erfüllt, wenn sich aus dem Bescheid – wie im Besprechungsfall – auch nach der Abrechnung keine Zahllast ergibt. Denn mit einem solchen Bescheid wird keine Forderung festgesetzt, die im Insolvenzverfahren geltend zu machen und zur Tabelle anzumelden ist.

3. Es ist auch keine Unterbrechung des  Steuerfestsetzungsverfahrens in analoger Anwendung des § 240 ZPO eingetreten. Soweit der BFH eine derartige Unterbrechung des Festsetzungs- oder Feststellungsverfahrens angenommen hat (vgl. dazu z.B. BFH, Urteile vom 02.07.1997, I R 11/97, BFH/NV 1998, 241; vom 10.12.2008, I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, m.w.N.), betraf dies Bescheide, die abstrakt dazu geeignet waren, sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken. Das ist bei einem USt-Bescheid, in dem eine negative USt festgesetzt wird und aus dem sich keine Zahllast ergibt, nicht der Fall.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.05.2009 – XI R 63/07

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