rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung gegen unanfechtbaren Kostenbeschluss. Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
1. Wurden die erhöhten Werbungskosten des Kindes als Voraussetzung für den Kindergeldanspruch erst im finanzgerichtlichen Verfahren nachgewiesen und hat das FG nach der Erledigung der Hauptsache unter ausdrücklicher Nichtanwendung von § 137 FGO dem Beklagten die Kosten auferlegt, weil dieser im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren dem Kläger die entscheidungserheblichen Berechnungsgrundlagen nicht nachvollziehbar mitgeteilt habe, so ist eine mit einer fehlerhaften Rechtsanwendung bei der Kostenentscheidung begründete Gegenvorstellung des Beklagten gegen den Beschluss des FG nicht statthaft.
2. Zur Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung gegen rechtskräftige Beschlüsse bei der Verletzung der Grundsätze des rechtlichen Gehörs, des gesetzlichen Richters oder wenn die Entscheidung im Sinne einer greifbaren Gesetzwidrigkeit jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist.
Normenkette
FGO § 137 S. 1, § 138 Abs. 2 S. 1; EStG § 32 Abs. 4 S. 2; GG Art. 103 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 S. 2
Tenor
Der Beschluss vom 30. Januar 2002 wird nicht abgeändert.
Tatbestand
I.
Das Gericht hat dem Beklagten (Bekl) mit Beschluss vom 30. Januar 2002 nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache nach § 138 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens auferlegt und von einer Anwendung des § 137 FGO mit der Begründung abgesehen, dem Kläger (Kl) seien zum einen die entscheidungserheblichen Berechnungsgrundlagen weder im Anhörungsschreiben vom 26. Januar 2001 noch in dem Bescheid vom 1. März 2001 nachvollziehbar mitgeteilt worden, zum anderen sei eine sachgerechte Anwendung der §§ 364–365 Abgabenordnung (AO) nach Lage der Akten nicht feststellbar gewesen.
Hiergegen hat der Bekl per Fax am 4. März 2002 Gegenvorstellung erhoben. Er trägt vor, dem Kl seien im Rahmen des Anhörungsschreibens vom 26. Januar 2001 und im Aufhebungsbescheid vom 1. März 2001 entgegen den Ausführungen im Beschluss des Gerichts vom 30. Januar 2002 die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt worden, insbesondere, dass Werbungskosten (WK) nur in Höhe des Arbeitnehmer-Pauschbetrags berücksichtigt worden seien. Dem Kl sei durch das Merkblatt Kindergeld bekannt gewesen, dass über dem Pauschbetrag liegende WK nur anerkannt werden könnten, wenn sie geltend gemacht und nachgewiesen werden. Der Kl habe im Einspruchsverfahren die erhöhten WK nicht nachgewiesen. Der Prozessbevollmächtigte des Kl hätte im Hinblick auf die beantragte Akteneinsicht die Berechnungsgrundlagen nochmals explizit nachvollziehen und den Einspruch durch geeignete Nachweise fundiert begründen können. Die Möglichkeit der Akteneinsicht sei indes vom Prozessbevollmächtigten des Kl nicht wahrgenommen worden. Statt dessen habe dieser mit Schreiben vom 25. April 2001 – ohne den Einspruch näher begründet zu haben – eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung erbeten und somit die Einspruchsentscheidung sowie das Klageverfahren notwendig verursacht, so dass entgegen den Ausführungen im Beschluss vom 30. Januar 2002 § 137 FGO anzuwenden sei.
Der Kl vertritt in dem am 21. März 2002 eingegangen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 19. März 2001. auf den wegen der Einzelheiten hingewiesen wird, u. a. die Auffassung, die Gegenvorstellung könne nicht zu einer Abänderung des Kostenbeschlusses führen, da dieser rechtskräftig und demnach vom Gericht nachträglich nicht abänderbar sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kostenbeschluss vom 30. Januar 2002 in materielle Rechtskraft erwachsen und die Gegenvorstellung des Bekl bereits deswegen unstatthaft war (vgl. Gräber/Ruban, FGO-Kommentar, 5. Aufl., vor § 115 Rn. 27 m.w.N.; OLG Nürnberg, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 1979, 169), oder ob das Gericht sich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) und der in der Literatur im Vordringen begriffenen Auffassung anschließt, nach der die Gegenvorstellung ausnahmsweise auch bei rechtskräftigen Beschlüssen jedenfalls dann zuzulassen ist, wenn die Grundsätze des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG –) oder des Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101, Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt worden sind oder wenn die Entscheidung im Sinne einer greifbaren Gesetzwidrigkeit jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung – AO – und FGO-Kommentar, 16. Aufl., Vor § 115 FGO Rn. 42 m.w.N.; vgl. auch den seit 1. Januar 2002 geltenden § 321 a der Zivilprozessordnung – ZPO – sowie zu dessen analoger Anwendung Lipp NJW 2002, 1700). Denn das Gesuch des Bekl erfüllt nicht die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine Gegenvorstellung zu stellenden formellen Voraussetzungen.
Die Gegenvorstellung enthält nämlich weder die e...