Entscheidungsstichwort (Thema)
FGO: Gegendarstellung gegen die Kostenentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Zur Gegendarstellung gegen die Kostenentscheidung in einem Urteil
Normenkette
FGO §§ 115, 128, 134; ZPO §§ 321a, 578
Tatbestand
I. Mit Urteil des Einzelrichters vom 21. Mai 2003, dem Klägervertreter zugestellt am 4. Juni 2003, wurde die Klage als unbegründet abgewiesen. Streitig waren der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an die Schwestern des Klägers als außergewöhnliche Belastung und die Rechtzeitigkeit der Einspruchseinlegung. Die Kosten des Verfahrens waren den unterlegenen Klägern auferlegt worden. Zuvor war eine den Klägern zur Sachaufklärung gesetzte Ausschlussfrist fruchtlos verstrichen und am 6. März 2003 ein Gerichtsbescheid ergangen, in dem die Klage, die zunächst nur mit dem Antrag, die Rechtzeitigkeit der Einspruchseinlegung festzustellen, als unzulässig abgewiesen worden war.
Gegen die Kostenentscheidung des Urteils wandte sich der prozessbevollmächtigte Lohnsteuerhilfeverein mit dem an das Finanzgericht gerichteten "Rechtsmittel der Gegenvorstellung". Er macht geltend, die Kosten des Verfahrens seien unabhängig vom Ausgang des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen, dieses werde auch aus den Gründen des BFH-Urteils VI R 140/90 beantragt. Der Ursprungsklage sei stattgegeben worden, weil das Gericht eine Sachentscheidung getroffen habe. Die weiteren Verfahrensprobleme seien ausschließlich der falschen Titulierung der Einspruchsentscheidung durch den Beklagten geschuldet, eine Gehörsgewährung sei unterblieben.
Entscheidungsgründe
II. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft.
Die Statthaftigkeit der Gegenvorstellung, eines in der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorgesehenen formlosen Rechtsbehelfs, beschränkt sich auf Sonderfälle einer "greifbaren Gesetzwidrigkeit" (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., Vor § 115 Rz. 26 f.; BFH v. 7. August 2002, V S 14/02, BFH/NV 2003, 175; BFH v. 12. März 2003, VI K 1/03; BFH v. 29. Januar 2003, I B 114/02). Eine Gegenvorstellung gegen Entscheidungen von Finanzgerichten erscheint nur denkbar, soweit die Grundsätze des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt oder die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (vgl. Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 115 FGO Rn. 42 m.w.N., § 128 FGO, Rn. 11 und Rn. 30; vgl. auch den seit 1. Januar 2002 geltenden § 321a ZPO sowie zu dessen analoger Anwendung Lipp, NJW 2002, 1700), deshalb eine "Selbstkorrektur" durch das Gericht erforderlich ist und diese innerhalb des allgemeinen Rechtsmittelzugs nicht geleistet werden kann.
Die Gegenvorstellung ist danach nicht statthaft. Wäre das Urteil ohne Gewährung rechtlichen Gehörs ergangen, wie die Kläger geltend machen, so läge ein Verfahrensfehler vor, der einer beim BFH anzubringenden Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 1, 115 Abs. 2 Nr. 3FGO) zum Erfolg verhelfen und zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils führen würde; im Rahmen der Entscheidung über das Rechtsmittel gegen das Urteil könnte auch die Kostenentscheidung überprüft werden (Tipke/Kruse, AO, FGO, § 128 FGO Rdnr 30). Einer Gegenvorstellung zur Korrektur außerhalb des Instanzenzugs bedarf es somit nicht.
Die Unzulässigkeit der Gegenvorstellung ergibt sich noch aus einem weiteren Grunde: Für die Statthaftigkeit der Gegenvorstellung ist es wegen ihrer besonderen Funktion als ungeregelter Rechtsbehelf in formeller Hinsicht erforderlich, dass die Verletzung des rechtlichen Gehörs, der Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters oder das Fehlen einer rechtlichen Grundlage ausreichend substantiiert und schlüssig dargetan wird; das folgt aus einer sinngemäßen Anwendung der Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 134 FGO i.V.m. §§ 578ff. ZPO; vgl. auch BFH-Beschluss vom 10. Januar 1995 VII R 85/93 und VII B 226/93, BFH/NV 1995, 804; Finanzgericht Baden-Württemberg v. 11. Juni 2002, 12 K 219/01, EFG 2002, 1244; Gräber/Ruban, a.a.O., vor § 115 Rn. 29; siehe auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO-Kommentar, 60. Aufl., § 321a Rn. 25-30 zu den formellen Anforderungen einer Rüge nach § 321a ZPO).
Diesen Anforderungen genügt die Gegenvorstellung der Kläger nicht. Sie enthält nämlich nicht die erforderliche entscheidungserhebliche Darlegung der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht, des Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen Richters oder einer greifbaren Gesetzwidrigkeit. Stattdessen wird lediglich das Fehlen einer Gehörsgewährung ohne jegliche Darstellung, wie dies geschehen sein soll, behauptet und die (einfache) Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung geltend gemacht. Dies genügt indessen nicht.
Im übrigen würden die vorgetragenen Gründe auch nicht durchgreifen; eine nach einfachrechtlichen Maßstäben fehlerhafte Sachbehandlung ist nicht gegeben: Es bestand kein Anlass, das Klageverfahren im Hinblick auf den möglichen Abzug von Unterhaltsleistungen an nach deutschem ...