rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen und Nachweisanforderungen der Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung hochwertiger Kraftfahrzeuge
Leitsatz (redaktionell)
1. Liegt der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung hochwertiger Fahrzeuge ein Barverkauf zu Grunde, sind an den Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung besonders hohe Anforderungen zu stellen.
2. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Steuerbefreiung für angebliche Ausfuhrlieferungen hochwertiger Fahrzeuge zu versagen ist, wenn die Lieferungen tatsächlich an andere als die vom Lieferer angegebenen Abnehmer erfolgt sind, und über die Lieferungen an die tatsächlichen Abnehmer keinerlei Geschäftsunterlagen mehr vorliegen.
3. Ob die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen allein deshalb versagt werden könnte, weil die gelieferten Fahrzeuge nicht, wie von den jeweiligen Abnehmern bestätigt, von diesen abgeholt und ins übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht, sondern vom Veräußerer ins übrige Gemeinschaftsgebiet befördert und dort dem Abnehmer übergeben wurden, konnte im Streitfall dahinstehen.
Normenkette
UStG 1999 § 6a Abs. 1, 4, § 4 Nr. 1 Buchst. b; UStDV 1999 § 17a Abs. 1, § 17c Abs. 1-2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Tenor
1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsstellerin auferlegt.
3. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
1. Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Anfang 2000 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter-Geschäftsführer sind die 1965 und 1966 geborenen Geschwister … und … Letzterer hat sein zuvor bestehendes Einzelunternehmen zum 01.01.2000 in die Antragstellerin eingebracht.
Laut der Gewerbeanmeldung vom 11.02.2000 war Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin „Mietwagen, Kfz-Handel, Import-Export, Handel mit Kfz-Ersatzteilen”. Tatsächlich lieferte die GbR im Inland beschaffte neue oder neuwertige PKW, vornehmlich der Marken Audi, BMW Mercedes-Benz und Porsche, so gut wie ausschließlich nach Italien, wo die Gesellschafter der Antragstellerin einige Jahre ihrer Jugend verbracht hatten und zur Schule gegangen waren.
Einige wenige Fahrzeuge wurden unter Inanspruchnahme der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 a) i.V.m. § 6 Umsatzsteuergesetz (UStG) in die Vereinigten Staaten von Amerika oder in die Schweiz geliefert.
Die Lieferungen der PKW nach Italien behandelte die Antragstellerin laut ihren beim Antragsgegner (dem Finanzamt – FA) eingereichten Umsatzsteuer(USt)-Voranmeldungen und -Jahreserklärungen sowie den mit diesen in Zusammenhang stehenden sog. ‚Zusammenfassende(n) Meldungen’ (vgl. § 18 a UStG) als nach § 4 Nr. 1 b) i.V.m. § 6 a Abs. 1 UStG steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Bei ca. 240 im Streitzeitraum gelieferten Fahrzeugen ergab sich nach den USt-Erklärungen der Antragstellerin ein Lieferwert von über DM 24 Mio. (bzw. EUR 12,29 Mio.).
Da die Gesellschafter für die Antragstellerin die bei den Ankäufen der Fahrzeuge von den inländischen Lieferanten gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machten, ergaben sich im Streitzeitraum Vorsteuerüberschüsse zu Gunsten der Antragstellerin in Höhe von rund EUR 1,73 Mio.
2. Eine im August 2003 begonnene Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin führte demgegenüber zu dem Ergebnis, dass die vorgenannten Lieferungen nach Italien die Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nicht erfüllten, da die von der Antragstellerin bezeichneten Abnehmer nicht ihre tatsächlichen Kunden gewesen seien.
Bei den wahren Kunden habe es sich um norditalienische Autohändler [Firma … (Inh. bzw. Vertreter: …), Firma … (Inh. bzw. Vertreter: …), Firma …, Firma …, Firma … (Inh. bzw. Vertreter: …), Firma … u.a.] gehandelt. Auf deren ausdrücklichen Wunsch hätte die Antragstellerin ihre Ausgangsrechnungen jedoch nicht auf diese, sondern auf andere von den Kunden genannte Personen bzw. Firmen in Italien ausgestellt. Von Januar 2000 bis September 2001 habe es sich dabei um … bzw. dessen Firma „…” in … bzw. … sowie in geringerem Umfang im Jahr 2000 auch um die Firma …, vertreten durch … gehandelt; von September bis Dezember 2001 nahezu ausschließlich um … bzw. dessen Firma „…” ebenfalls … und von Januar 2002 bis Juli 2003 nahezu ausschließlich um … bzw. dessen Firma „…” in …. Der Grund hierfür sei gewesen, dass die tatsächlichen italienischen Abnehmer auf diese Weise die italienischen Erwerbsumsatzsteuer hätten vermeiden und gleichzeitig aus den von den Scheinabnehmern, insbesondere dem genannten …, oder anderen Personen ihnen erteilten inneritalienischen Rechnungen Vorsteuer hätten abziehen wollen.
Zu dieser Erkenntnis kam die Steuerfahndung aufgrund von bei Durchsuchungen der Geschäftsräume der Antragstellerin und der Privaträume ihrer Gesellschafter vorgefundenen Urkunden und auf Datenträgern gespeicherten elektronischen Daten.
Nach den Feststellungen der Steuerfahndung haben die Gesellschafter der Antragstellerin (wob...