Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 1985–1993)

 

Tenor

1) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt.

2) Die Kosten des Verfahrens fallen … als vollmachtlosem Vertreter zur Last.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller (Ast) erhob – am 18.12.1995 beim Finanzgericht eingehend – Klage wegen Einkommensteuer (ESt) 1985 bis 1993. Angefochten wurden die ESt-Bescheide für 1985 bis 1993 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 20.11.1995.

Der Ast beantragte gleichzeitig, die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der ESt- und Kirchensteuer-Schulden in Höhe von … DM zu verlängern. Er kündigte die Nachreichung der Vollmacht an.

Das Finanzgericht forderte den Bevollmächtigten des Ast am 2.1.1996 auf, bis zum 30.1.1996 den Antrag auf AdV zu begründen und die Vollmacht im Original nachzureichen.

Der Bevollmächtigte des Ast ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen.

Der Antragsgegner (Ag) – das Finanzamt (FA) – beantragt, den Antrag auf AdV abzuweisen.

Das FA hält den Antrag auf AdV für unzulässig.

Das FA meint, ein Antrag an das Finanzgericht auf AdV (§ 69 Abs. 3 FGO) sei nach § 69 Abs. 4 FGO grundsätzlich nur dann zulässig, wenn das FA einen Antrag nach § 69 Abs. 2 FGO ganz oder teilweise abgelehnt habe. Ein solcher Antrag sei bisher beim FA weder gestellt worden noch habe das FA dem Ast zu erkennen gegeben, daß es einen Antrag auf AdV ablehnen werde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf AdV ist unzulässig.

Gemäß § 69 Abs. 4 Nr. 1 FGO ist ein Antrag auf AdV nach § 69 Abs. 3 FGO nur zulässig, wenn das FA einen Antrag auf AdV ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Dies gilt lediglich unter den – hier nicht vorliegenden – Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Nrn. 1 oder 2 FGO nicht.

Das FA hat nach seinem vom Ast unwidersprochenen Vortrag nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch keinen Antrag auf AdV ganz oder zum Teil abgelehnt.

Die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO – vorangegangene Ablehnung der AdV durch das FA – muß im Zeitpunkt der Antragstellung beim Finanzgericht gegeben sein. Diese mit Wirkung ab 1.1.1993 in die FGO aufgenommene Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Antrag auf AdV beim Finanzgericht dient der Entlastung desselben. Wird die AdV – wie vorliegend – für das gerichtliche Verfahren begehrt, muß die Ablehnung der AdV durch das FA nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung erfolgt sein (Gräber/Koch, FGO, 3. Auflage, § 69 Anm. 64 m.w.N.).

Im Streitfall hat der Ast dem FA keine Gelegenheit gegeben, seinen Antrag auf weitere AdV angesichts der erhobenen Klage beim Finanzgericht erneut zu überdenken. Dies wäre vom Gesetzeszweck des § 69 Abs. 4 FGO her unumgänglich gewesen.

Eine Befristung der AdV durch das FA, etwa bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch, ist keine Ablehnung im Sinne des § 69 Abs. 4 Nr. 1 FGO für die Zeit nach Ablauf der Frist. Diese Befristung schließt weder einen erneuten Antrag für die Zeit nach dieser Frist noch dessen Erfolg aus (BFH-Beschluß vom 12.5.1992 I B 17/92, BFH/NV 1993, 259).

Der Antrag auf AdV ist – unabhängig von den vorstehenden Ausführungen – zudem unzulässig, weil er von einem Vertreter oder Vertretungsmacht gestellt wurde (arg. § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO).

Die Ablehnung des Antrags als unzulässig ergeht mit Wirkung gegen den Ast (vgl. BFH-Urteil vom 17.10.1973 III R 166/71, BStBl II 1974, 218 bei Abweisung der Klage als unzulässig).

Die Kosten waren dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen, da dieser die erfolglose Antragstellung veranlaßt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 11. Juli 1975 III R 125/74, BStBl II 1975, 714 bei der Klageerhebung durch den vollmachtlosen Vertreter).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1159357

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