rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung einer Prüfungsanordnung. Grenzen des Auswahlermessens hinsichtlich der zu prüfenden Betriebe
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass nach § 4 der BPO 2000 auch bei Kleinbetrieben und Mittelbetrieben Anschlussprüfungen zulässig sind.
2. Aus den inhaltlichen Grenzen, die der Ermessensausübung in § 193 Abs. 1 AO gezogen sind, folgt, dass der Gesichtspunkt des Zufalls bei der Ausübung des Auswahlermessens ein sachliches Kriterium ist und dass die Finanzbehörde auch hinsichtlich der zeitlichen Aufeinanderfolge von Außenprüfungen keinen generellen Beschränkungen unterworfen ist. Der Generalprävention und dem Überraschungsmoment kommen umso größere Bedeutung zu, je mehr der Finanzverwaltung die Mittel fehlen, die nach § 193 Abs. 1 AO zur Duldung der Außenprüfung verpflichteten Steuerpflichtigen lückenlos zu prüfen.
Normenkette
AO 1977 § 193 Abs. 1, § 5; BPO 2000 § 4 Abs. 3 S. 3; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Außenprüfung.
I.
Der Antragsteller ist Frauenarzt. Bei ihm wurde für die Jahre 1992 bis 1994 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Dadurch ergaben sich Gewinnänderungen von ca. 90 000 DM. Gegen die Änderungsbescheide hat der Antragsteller am 28. November 1997 Einspruch eingelegt Über den Einspuch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Am 14. Juni 2002 hat der Antragsgegner beim Antragsteller erneut eine Außenprüfung angeordnet. Die Prüfungsanordnung war lediglich an den Antragsteller gerichtet, der die Anordnung an seinen bekanntgabebevollmächtigten Berater weitergeleitet hat. Geprüft werden sollen danach Einkommensteuer, Umsatzsteuer 1996 bis 1998, Einheitswert des Betriebsvermögens 1. Januar 1996 bis 1. Januar 1997 und Vermögensteuer 1. Januar 1996.
Gegen die Prüfungsanordnung vom 14. Juni 2002 legte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 24. Juni 2002 Einspruch ein. Zugleich beantragte er, die Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 14. Juni 2002 auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 24. Juli 2002 ab. Der in der Hauptsache eingelegte Einspruch ist vom Antragsgegner noch nicht verbeschieden.
Der Prüfungszeitraum 1996 bis 1998 sei in der Prüfungsanordnung nicht begründet, obwohl die Steuererklärungen bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2000 eingereicht worden seien. Die Festsetzung des Prüfungszeitraums sei ein „willkürlicher Akt”. Es handele sich um eine „Retourkutsche” des Antraggegners, da die Vor-Bp in einer „unangenehmen Atmosphäre” abgelaufen sei. Der damalige Prüfer habe den Antragsteller und seinen Bevollmächtigten unhöflich, fast beleidigend behandelt und sei sachlichen Argumenten unzugänglich gewesen. Darüber hinaus habe der Prüfer mit falschen Angaben ein Steuerstrafverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet, welches später eingestellt worden sei. Außerdem habe der Antragsgegner bis heute nicht über den Einspruch aus 1997 gegen die geänderten Bescheide entschieden, obwohl ein Großteil der strittigen Beträge auf Anregung des Vorsitzenden des 10. Senats des Finanzgerichts Baden-Württemberg ausgesetzt worden sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 14. Juni 2002 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung bestünden nicht. Die Anordnung sei wirksam, da der Antragsteller, den an ihn gerichteten Verwaltungsakt an seinen Empfangsbevollmächtigten weitergeleitet habe. Die Durchführung einer Außenprüfung liege im Ermessen der Finanzbehörde. Nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BpO 2000 müssten nicht – wie bisher – die letzten drei Besteuerungszeiträume geprüft werden. Der Antragsgegner sei nicht an einen bestimmten Prüfungstumus gebunden, sondern könne der besonderen Prüfungsbedürftigkeit Rechnung tragen, die – im Streitfall – durch die Feststellung der Vor-Bp gegeben sei. Diese habe ein Mehrergebnis von ca. 90 000 DM ergeben, da der Antragsteller Betriebseinnahmen nicht erklärt und privaten Aufwand als Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht habe. Im Übrigen genüge zur Begründung einer Außenprüfung der Hinweis auf § 193 Abs. 1 AO.
Der vorstehende Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Antragsgegnern vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –) entnommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
1. Gemäß § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken ...