Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitaleinkünfte eines Kindes in Höhe des Sparerfreibetrages als bei der Gewährung des Kindergeldes zu berücksichtigende Bezüge; Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ernstlich zweifelhaft, den wegen des Sparerfreibetrages steuerfreien Teil der Kapitaleinkünfte als Bezüge zu behandeln, die bei der Ermittlung des maßgeblichen Grenzbetrages im Rahmen der Gewährung des Kindergeldes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hinzuzurechnen sind. Die Auffassung der Finanzverwaltung in der DA 63.4.2.3 Abs. 2 Ziff. 4 DA-FamEStG (BStBl I 1998, 389) steht insoweit der Rechtsprechung des BFH entgegen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 20 Abs. 4; FGO § 69 Abs. 3
Gründe
I.
Der Antragsteller ist der Vater seines am … 1976 geborenen Sohnes …
Dieser befand sich im Streitjahr 1997 in Berufsausbildung.
Für dieses Kind bewilligte der Antragsgegner für das Streitjahr zunächst Kindergeld.
Bei einer nachträglichen Überprüfung der vom Sohn im Jahr 1997 erzielten Einkünfte und Bezüge wurde festgestellt, daß … in diesem Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … DM erzielt hatte. Auch erfuhr der Antragsgegner, daß … in diesem Jahr Zinseinnahmen von … DM erlangt hatte.
Der Antragsgegner setzte in seiner zu den Einkünften von … gefertigten Berechnung neben den oben dargestellten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Kapitalvermögen zutreffend mit … DM an, wobei er den Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Satz 1 Ziff. 1b Einkommensteuergesetz (EStG) mit 100 DM und den Sparerfreibetrag nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG mit 6 000 DM einkunftsmindernd berücksichtigte. Hierdurch ergab sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von … DM.
Einen Betrag in Höhe des Sparerfreibetrags, gekürzt um die Kostenpauschale von 360 DM nach DA 63.423 Abs. 4 der Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des EStG (DA-FamEStG) vom 9. April 1998, Bundessteuerblatt -BStBl- I 1998, 389 behandelte der Antragsgegner in Anwendung von DA 63.4.2.3 Abs. 2 Ziff. 4 DA-FamEStG als Bezüge mit … DM.
Da hiernach die Einkommensgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten war, hob der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 2. Dezember 1999 die Festsetzung des Kindergelds für … hinsichtlich des Streitjahrs 1997 auf. Zugleich wurde der Antragsteller in dem Bescheid aufgefordert, das gezahlte Kindergeld von … DM zurückzuzahlen.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 7. Dezember 1999 Einspruch ein. Zugleich begehrte er, die Vollziehung des Bescheids vom 2. Dezember 1999 auszusetzen.
Durch die Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 1999 wies der Antragsgegner den Einspruch zurück. Auch lehnte er in dieser Einspruchsentscheidung die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab.
Wegen der zur Hauptsache ergangenen Einspruchsentscheidung erhob der Antragsteller Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg. Diese ist beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 8 K 3/00 anhängig. Eine Entscheidung ist noch nicht ergangen. Zugleich begehrte der Antragsteller in seiner Klageschrift, die Vollziehung des angefochtenen Bescheids auszusetzen.
Mit seinem Aussetzungsantrag macht der Antragsteller geltend, der Antragsgegner habe zu Unrecht die in Höhe des Sparerfreibetrags steuerfrei gelassenen Kapitaleinkünfte als Bezüge des Sohns des Klägers behandelt. Daß es sich insoweit nicht um Bezüge handle, ergebe sich aus dem Urteil des Finanzgerichts -FG- Nürnberg vom 6. Februar 1999. Dieses Urteil sei Gegenstand eines beim Bundesfinanzhof anhängigen Revisionsverfahrens.
Da somit eine Rechtsfrage streitig sei, sei die Vollziehung des Bescheids nach § 69 Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen.
Der Antragsteller beantragt,
im Wege der Aufhebung der Vollziehung des Bescheids vom 2. Dezember 1999 anzuordnen, daß an den Antragsteller das aufgrund des genannten Bescheids zurückgezahlte Kindergeld von … DM vorläufig zu erstatten ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er meint, an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestünden keine ernstliche Zweifel.
II.
1.
Der Antrag ist begründet.
Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO kann das Gericht die Vollziehung eines Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel liegen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur vor, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben für dessen Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen seine Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der zu klärenden Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Januar 1992 I B 77/91, BStBl II 1992, 618 und Gräber/Koch. Kommentar zur FGO, 4. Aufl., § 69 Rz. 77 ff. m.w.N.).
Nicht erforderlich ist dabei, daß die für...