Tenor
I. Der Bescheid des Beklagten vom 28. Mai 1993 über die Ablehnung des Erlaßantrags des Klägers und die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion … vom 11. Oktober 1993 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Erlaßantrag des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Bei einer Betriebsprüfung (Bp) beim Kläger (Kl.) für die Jahre 1987 bis 1989 stellte der Prüfer fest, daß der Kläger in den von ihm betriebenen Spielkasinos das Gücksspiel „Roulette …” nicht der Genehmigung entsprechend betrieb. Er sah die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen des Kl. in der Gewährung von Gewinnchancen und ermittelte das Entgelt nach einer Schätzungsmethode, wie sie im Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 29. Januar 1986 VI/X 41/78 U (EFG 1986, 421) dargestellt und zugrunde gelegt ist. Dadurch ergaben sich Mehrsteuern in Höhe von 241.415,98 DM für 1987, 94.075,02 DM für 1988 und 14.205,72 DM für 1989, insgesamt 349.695,53 DM. Mehrergebnisse für die Einkommenteuer und Gewerbesteuer ergaben sich dadurch nicht.
Das beklagte Finanzamt (FA) folgte dem Betriebsprüfer und änderte dementsprechend die Umsatzsteuer(USt)-Bescheide für 1987 bis 1989 durch Bescheide vom 09. Februar 1993. Hiergegen legte der Kl. Einspruch ein. Er wandte ein, daß die Schätzungsmethode nach dem genannten Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf für seinen Fall nicht zwingend sei und den tatsächlichen Spielabläufen in seinem Fall nicht entspräche; die Schätzung durch das FA sei daher zu hoch.
Auf einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hin setzte das FA mit Bescheid vom 28. Mai 1993 die Vollziehung der angefallenen USt-Bescheide in Höhe von 144.850 DM für 1987, 56.445 DM für 1988, und 8.565 DM für 1989 aus.
Mit Schreiben vom 10. März 1993 beantragte der Kl. Erlaß der USt-Nachforderungen in Höhe von 349.695,53 DM und der Zinsen hieraus in Höhe von 1.693 DM. Zum einen wandte er sich gegen die Höhe der Schätzung der Steuer entsprechend dem genannten Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf, zum ändern machte er geltend, daß die Zahlung der Steuer seine persönliche Existenz gefährden würde. Er legte eine „Vermögens- und Einkunftsaufstellung Stand Mai 1993” vor, auf die verwiesen wird. Dazu trug er vor, das fremd finanziert versuchte Engagement in einem Geschäft in Spanien sei fehlgeschlagen, die Schulden von mehr als 77.000 DM seien geblieben. Der Betrieb des J. sei Ende 1992 aufgegeben worden, weil die zwei Jahrzehnte dort tätige Betreiberin altershalber aufgehört habe. Die Ergebnisse aus der Automatenaufstellung seien im Jahr 1992 zurückgegangen und würden weiter zurückgehen, nachdem der früher gültige Satz von 150 % über 200 % auf 250 % für die Besteuerung von Automaten ohne Zählwerk heraufgesetzt worden sei. Der Edelstein- und Schmuckgroßhandel werde als Handel über Verkaufskommission betrieben und sei gegenwärtig ohne Umsätze. Allein in dem 1992 erworbenen neuen Geschäft für Tabakwaren, Zeitschriften, Toto-Lotto, rechne er mit einem zufriedenstellenden Geschäft; mit den Erträgen müsse er zunächst den Aufpreis von 110.000 DM, der finanziert worden sei, amortisieren. Aus den vorgelegten Zahlen ergebe sich, daß das vorhandene Vermögen, nach Verkehrswerten angesetzt und zum größten Teil nicht liquidierbar, im Wert unter den vorhandenen Schulden liege, wobei die zusätzliche Bürgschaftsbelastung nicht gerechnet sei. Die laufenden Einkünfte seien mit sinkender Tendenz bei der Automatenaufstellung ebenfalls in keiner Weise ausreichend, um neben dem Lebensunterhalt Spielraum für Tilgung und Verzinsung einer zusätzlichen Schuld von rd. 350.000 DM zu bieten.
Mit Bescheid vom 28. Mai 1993 lehnte das FA den Erlaßantrag ab. Sachliche Billigkeitsgründe seien nicht gegeben. Die Ermittlung der umsatzsteuerlichen Entgelte bei verbotenem Glücksspiel sei eine Rechtsfrage, so daß für einen Steuererlaß wegen sachlicher Unbilligkeit vor Klärung dieser Frage im Rechtsbehelfsverfahren noch kein Raum bestehe. Es könne erwartet werden, daß sich der Kl, gegen unrichtige Schätzungen im Rechtsbehelfsverfahren zur Wehr setze. Auch persönliche Billigkeitsgründe lägen nicht vor. Dabei sei nur von einer Steuerforderung in Höhe des nicht von der Vollziehung ausgesetzten Teils von 139.835 DM auszugehen. Steuernachzahlungen in dieser Höhe würden dem Kl. zwar auch stark belasten, eine Existenzgefährdung wäre jedoch bei Vereinbarung von Ratenzahlungen nicht gegeben. Auch sei der Kl. nicht erlaßwürdig, da er durch das Abhalten verbotener Glückspiele gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen habe.
Mit der Beschwerde machte der Kl. weiterhin in erster Linie sachl...