Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr als Voraussetzung für das Erzielen von land- und forstwirtschaftlichen Einkünften. gesonderter und einheitlicher Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 1987
Leitsatz (amtlich)
Die Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erfordert, dass sich der Land- und Forstwirt am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt (hier: Selbstbewirtschaftung einer über 3.000 qm großen Streuobstwiese). Klarstellung der im Urteil vom 19.2.1993 9 K 93/90 (EFG 1993, 718), das mit BFH-Urteil vom 24.11.1994 IV R 53/94 (BFH/NV 1995, 592) aufgehoben und zurückverwiesen wurde, vertretenen Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg.
Normenkette
EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 15 Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Beteiligte
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 21.10. bzw. 01.12.1988 (…) und die Einspruchsentscheidung vom 30.03.1990 (…) werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluß festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger (Kl) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielten.
Die verheirateten Kl waren im Streitjahr 1987 Eigentümer der jeweils in der Gemarkung G… belegenen Grundstücke Flst. Nr. 1 (…) mit einer Grundfläche von 888 qm, Flst. Nr. 2 mit einer Grundfläche von 1.880 qm und Flst. Nr. 3 mit einer Grundfläche von 3.194 qm. Auf den Grundstücken standen insgesamt 20 Apfelbäume, 5 Birnbäume und ein Zwetschgenbaum. Das Obst dieser Bäume ernteten die Kl selbst. Ausschließlich zum persönlichen Verbrauch wurden die Äpfel und Birnen zu Most verarbeitet und die Zwetschgen etwa als Kuchenbelag verwendet. Schnaps wurde nicht gebrannt.
Das Flst. Nr. 1 gehörte den Kl seit rund 30 Jahren. Das Eigentum an dem Flst.-Nr. 2 war ihnen mit notariell beurkundetem Vertrag vom 29.12.1971 von den Eltern der Klin geschenkt worden. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.11.1987 hatten die Kl ihrer Tochter und deren Ehegatten je zur Hälfte einen Miteigentumsanteil von 804/1855 an diesem Grundstück geschenkt. Die Übergabe sollte nach dem Vertrag sofort erfolgen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20.05.1981 hatten die Kl schließlich das Grundstück Nr. 3 erworben.
Der Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 25.08.1987 gibt als „tatsächliche Nutzung” des Flst. Nr. 1 „GFW” (= „Gebäude und Freifläche Wohnen”), des Flst. Nr. 2 „Gr” (= Grünfläche) und des Flst. Nr. 3 mit einer Grundfläche von 2.794 qm ebenfalls „Gr” sowie mit einer Grundfläche von 400 qm „U” (= „Unland”) an.
Das Flst. Nr. 2 war in dem von der Gemeinde mit den Beschlüssen vom 26.02. und 13.03.1970 aufgestellten und von dem Regierungspräsidium am 08.07.1971 genehmigten Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellt. Mit Beschluß vom 19.10.1987 stellte die Gemeinde einen Bebauungsplan auf, der vom Regierungspräsidium am 05.02.1988 genehmigt wurde und u. a. die Art und das Maß der baulichen Nutzung dieses Flurstücks festsetzte. Mit Beschluß vom 25.05.1987 hatte die Gemeinde (Umlegungsausschuß) die Umlegung für das Gebiet, in dem auch das Flst. Nr. 2 lag, bereits eingeleitet. Mit Beschluß zum 31.03.1988 stellte sie den Umlegungsplan auf. Am 19.05.1988 machte die Gemeinde bekannt, daß der Umlegungsplan unanfechtbar geworden sei. Das Flst. Nr. 3 ist in dem Flächennutzungsplan als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.
Der Beklagte (Bekl) stellte die Grundstücksart des Grundstücks … (Flst. Nr. 1) mit Einheitswertbescheid vom 23.05.1967 als „Mietwohngrundstück”, mit Bescheid vom 20.11.1975 als Zweifamilienhaus mit dem Zusatz „Das Grundstück ist kein Betriebsgrundstück” und mit Bescheid vom 06.03.1978 als „Einfamilienhaus” fest. Die Grundstücksart des Flst. Nr. 2 stellte der Bekl für die Zeit bis zum 31.12.1988 als unbebautes Grundstück mit dem Zusatz „Das Grundstück ist kein Betriebsgrundstück” fest (EW-Bescheide vom 15.11.1972, vom 20.10.1975, vom 27.08.1976 und vom 20.05.1988). Danach wurde der EW aufgehoben, weil die wirtschaftliche Einheit weggefallen war (EW-Bescheid vom 09.09.1988). Als Art der wirtschaftlichen Einheit des Flst-Nr. 3 stellte er mit EW-Bescheid (Nachfeststellung) auf den 01.01.1982 vom 21.06.1982 einen „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft –Stückländerei–” fest.
Nachdem der Bekl von dem Übergang der Miteigentumsanteile an dem Grundstück Flst. Nr. 2 auf die Tochter und deren Ehegatten erfahren hatte, sandte er den Kl einen Fragebogen zu, um zu ermitteln, ob aufgrund dieses Vorgangs ein steuerpflichtiger Gewinn entstanden war. Als „Art der Nutzung vor der Eigentumsübertragung” kreuz...