Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für Arzthaftungsprozess wegen Schmerzensgeldansprüchen keine außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Kosten für einen Zivilprozess sind nur in besonderen Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, etwa wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
2. Soweit gegen den früheren Arzt Schmerzensgeldansprüche eingeklagt werden sollen, weil er trotz Beschwerden der Klägerin deren Brustkrebserkrankung nicht erkannt hatte, zum Zeitpunkt der späteren Operation auch schon die Lymphknoten befallen waren und deswegen Bestrahlungen sowie eine Chemotherapie durchgeführt werden mussten, sind die Prozesskosten nicht "zwangsläufig" entstanden.
3. Soweit die Klägerin zum Zeitpunkt der Prozesse vor dem Land- bzw. Oberlandesgericht noch weiteren Metastasenbefall befürchten musste und deswegen auch die Verpflichtung des Arztes zum Ersatz der künftig anfallenden -möglicherweise existenzbedrohenden- Schäden feststellen lassen wollte, blieb die Abziehbarkeit als außergewöhnliche Belastung offen, da die anteiligen (nach dem Verhältnis der Streitwerte des Schmerzensgeldantrags und des "Feststellungsantrags" ermittelten) Prozesskosten unter dem zumutbaren Eigenanteil lagen und sich deswegen nicht steuerlich auswirken konnten.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-3
Tatbestand
Streitig ist, ob Prozeßkosten in Höhe von ... DM, die den Klägern durch einen Arzthaftungsprozeß entstanden sind, gemäß § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
Die verheirateten Kl wurden im streitigen Veranlagungszeitraum 1993 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kl erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Im Rahmen der ESt-Veranlagung wurden zwei Kinder berücksichtigt. Der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte betrug ... DM. Die Kl machten mit der ESt-Erklärung Aufwendungen für einen vor dem Oberlandesgericht verlorenen Zivilprozeß in Höhe von insgesamt ... DM als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die Kl wurden zunächst antragsgemäß veranlagt. Unter Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung von ... DM wurden die Prozeßkosten gemäß § 33 EStG in Höhe von ... DM im ESt-Bescheid vom 2.10.1995 einkommensteuerlich berücksichtigt; dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen einer 1997 bei den Kl durchgeführten steuerlichen Außenprüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, die geltend gemachten Aufwendungen für den Zivilprozeß seien einkommensteuerlich nicht gemäß § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Der Bekl schloß sich dieser Auffassung an und änderte den Bescheid vom 2.10.1995 mit Änderungsbescheid vom 7.10.1997 dahingehend ab, daß die Aufwendungen nicht nach § 33 berücksichtigt wurden.
In dem Arzthaftungsprozeß machte die Klin geltend, daß ihr damaliger Arzt trotz Beschwerden in der Brust ein 1,4 cm großes Karzinom nicht erkannt habe, obwohl bei der Röntgen-Mammographie Tumore bereits ab einer Größe von 0,4 cm erkennbar seien. Als schließlich die Operation durchgeführt worden sei, seien auch die Lymphknoten befallen gewesen. Die Klin habe sich daher auch einer dreimonatigen Bestrahlung sowie einer sechsmonatigen Chemotherapie unterziehen müssen. Die Klin erhob daher vor dem Landgericht ... Klage mit den Anträgen, erstens, ihren früheren Arzt zu einem angemessenen Schmerzensgeld von mindestens ... DM zu verurteilen, sowie zweitens, festzustellen, daß er verpflichtet sei, der Klin die aus der Falschbehandlung resultierenden zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergingen. Der Streitwert bei dem Verfahren vor dem Landgericht ... belief sich beim ersten Antrag (Schmerzensgeld) auf ... DM beim zweiten Antrag (Feststellung) auf ... DM. Die Klage wurde mit Urteil vom Oktober 1992 kostenpflichtig abgewiesen. Die Berufung gegen die landgerichtliche Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht ... mit Urteil vom September 1993 ebenfalls zurückgewiesen. Der Berufungsantrag in Sachen Schmerzensgeld war auf ... DM begrenzt, der Streitwert beim Feststellungsantrag belief sich in der Berufungsinstanz auf ... DM.
Die Kl wandten sich mit Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 7.10.1997 und machten im wesentlichen geltend, daß das Verfahren auch der Existenssicherung der Klin gedient habe, weil sie kein eigenes Vermögen besitze. Zum Zeitpunkt des Prozeßes sei die Weiterentwicklung der Krebserkrankung offen gewesen. Das Risiko der Metastasenbildung hätte bei 50 % gelegen. Glücklicherweise hätten sich in der Folgezeit keine Metastasen gezeigt. Würden jedoch solche weiter auftreten, könnten die Behandlungskosten für die weitere Erkrankung viele Tausend Mark betragen. Um eine optimale Behandlung zu erreichen, wäre es dann nötig gewesen, entsprechende Geldmittel zur Verfügung zu haben. Die Rec...