rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz für Entschädigung: Einheitliche Entschädigung bei mehreren Teilleistungen aufgrund Arbeitsplatzverlusts
Leitsatz (redaktionell)
Werden anlässlich des strukturbedingten Wegfalls des Arbeitsplatzes die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses gegen eine Sozialplanabfindung sowie die anschließende befristetete Weiterbeschäftigung in Transfergesellschaften vereinbart, bei denen der Steuerpflichtige neben einem Transfer-Kurzarbeitergeld weitere Zahlungen „Zusatzabfindung”; („Startgeld”) erhält, die umso höher ausfallen, je schneller der Steuerpflichtige einen neuen Arbeitgeber findet und deswegen das Beschäftigungsverhältnis mit der jeweiligen Transfergesellschaft beendet, so werden bei einer Gesamtwürdigung des verwirklichten Sachverhalts die Entschädigungszahlungen zum Ausgleich für ein- und dasselbe Schadensereignis, nämlich den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt. Es liegt daher eine einheitliche, nicht nach § 34 Abs. 1 EStG steuerbegünstigte Entschädigung vor, wenn die Zahlungen in zwei Veranlagungszeiträumen ausbezahlt werden und somit keine Zusammenballung von Einkünften vorliegt.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob bestimmte, dem Kläger in den Jahren 2015 und 2016 zugeflossene Leistungen als außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermäßigt zu besteuern sind.
Im Jahr 19XX begann der Kläger bei seiner damaligen Arbeitgeberin, der A bei der er über 20 Jahre beschäftigt war, eine Lehre als F. […]
Infolge von Umstrukturierungs- und Arbeitsplatzabbaumaßnahmen schlossen der Kläger und A unter Beteiligung einer sog. Transfergesellschaft B am XX.XX.2015 einen dreiseitigen Vertrag („BQG-Vertrag”) ab. Unter „Teil 1” unterzeichneten der Kläger und A einen Aufhebungsvertrag. Gleichzeitig schloss die B mit dem Kläger einen befristeten Anstellungsvertrag („Teil 2”). Den beiden Verträgen vorgeschaltet ist eine Vereinbarung zwischen A, dem Kläger und der B, welche wie folgt lautet:
„A bietet aufgrund strukturbedingten Wegfalls des Arbeitsplatzes und einer danach unumgänglichen betriebsbedingten Kündigung den Abschluss dieses BQG-Vertrages an. Auf der Grundlage des Interessenausgleichs und Sozialplans vom XX.XX.2015 wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein befristetes Arbeitsverhältnis in der B begründet. Das Wirksamwerden dieser Verträge steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Unternehmen seine Verpflichtungen zur treuhänderischen Finanzierung der C erfüllt und die Bundesagentur für Arbeit Transferkurzarbeitergeld bewilligt.
Zu diesem Zweck wird zwischen A und dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin ein Aufhebungsvertrag unter Teil 1 vereinbart und gleichzeitig zwischen C und dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin ein befristeter Anstellungsvertrag unter Teil 2 (welcher die Rechte und Pflichten zwischen dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin und C regelt). Rechte und Pflichten zwischen A und C werden durch diesen BQG-Vertrag nicht begründet oder geregelt.”
In § 1 des Aufhebungsvertrages wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zwischen A und dem Kläger mit Ablauf des XX.XX.2015 enden solle. Gemäß § 4 Nr. 1 des Aufhebungsvertrages („Sozialplanabfindung”) wurde dem Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß Sozialplan vom XX.XX.2015 eine Abfindung i.H.v. … EUR brutto zugesagt. § 4 Nr. 2 beinhaltet unter der Überschrift „Zusatzabfindungen” ein gestaffeltes System weiterer Zahlungen, welche an im Einzelnen normierte Bedingungen geknüpft sind: Sofern der Mitarbeiter bereits am XX.XX.2015 eine andere Arbeitsstelle antritt, ohne in die „C Projekt 1” einzutreten, erhält er eine Zusatzabfindung i.H.v. … EUR. Schlägt er – ggf. nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses in der „C Projekt 1” – eine (weitere) befristete Beschäftigung in der „C Projekt 2” aus, erhält er eine (weitere) Zusatzabfindung i.H.v. … EUR (unter b).
Gemäß § 1 des befristeten Anstellungsvertrages („Teil 2”) wird für die Laufzeit des C-Arbeitsverhältnisses (laut § 2 vom XX.XX.2015 bis XX.XX.2016) Transfer-Kurzarbeitergeld gewährt. Gemäß § 4 dieses Vertrages erhält der Mitarbeiter, sofern ein Arbeitsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber angetreten wird und deshalb das Arbeitsverhältnis bei der C gekündigt oder ruhend gestellt wird, eine sog. Startprämie, welche für jeden vollen Monat der Nichtinanspruchnahme der C-Leistungen wie folgt gestaffelt ist: bei Ausscheiden vom 1. bis 4. Monat … EUR pro Monat, bei Ausscheiden vom 5 bis 8. Monat … EUR pro Monat, bei Ausscheiden vom 9. bis 11. Monat … EUR pro Monat. Wegen der Vereinbarungen im Einzelnen wird auf das Vertragskonvolut (Bl. 16ff Rechtsbehelfsakte) verwiesen.
Der Kläger war im Ergebnis nur einen Monat bei der C Projekt 1 beschäftigt. Nachdem er im XX.2015 ein Praktikum bei D in E absolviert hatte, trat er dort ab XX.X...